In der superduperbesinnlichen Vorweihnachtszeit darf ja neben Gebimmel im Radio und wahnsinnigen Irren in den Geschäften eins nicht fehlen: Adventsfeste und Weihnachtsfeiern in Schule und Kindergarten, in KiTas und Sportvereinen. Dieses Jahr hatte die Dreijährige zum ersten Mal so ein Fest in ihrem neuen Kindergarten und ich, die ich das schon gefühlte 100000 Mal mitgemacht hatte, hüpfte jetzt nicht gerade pfeifend und tänzelnd zum Fest. Warum? Weil ich wusste, was kommen würde…
Aber wie läuft sowas eigentlich ab? Hier mal für alle, die sich das noch nicht so vorstellen können, ein Nachmittag im Schnelldurchlauf:
15:30 – Beginn der Sause. Kaum angekommen, ist die Dreijährige schon verschwunden, während ich mir ein Namensschild aufkleben muss. So als hätte man Zeit sich zu unterhalten. Süß.
15:45 – Dreijährige beim Wasserplantschen im Badezimmer finden. Umziehen.
15:50 – Mit der Dreijährigen in den ersten Bastel-Angebot-Raum gehen und sich ganz kurz der Illusion eines gleich zusammengeklöppelten Fensterbildes hingeben.
15:53 – Dreijährige hat keinen Bock mehr und verschwindet. Schnell den Rest ausschneiden und an bedürftige Bastelkinder verschenken.
15:58 – Dreijährige beim Wasserplantschen im Badezimmer finden. Umziehen.
16:05 – Mit der Dreijährigen in den zweiten Bastel-Angebot-Raum gehen und alles selbst nach den strengen, kindlichen Anweisungen zusammenschustern, bevor sie keinen Bock mehr hat und verschwindet.
16:10 – Erzieherin lobt mich für mein tolles Bastelwerk.
16:15 – Drejährige beim Rumrollen im Bauzimmer finden.
16:18 – Die Sechsjährige im dritten Bastel-Angebot-Raum zufällig treffen und stundenlang mit beiden Kindern Weihnachtsgedöns kneten. Danach aussehen wie frisch aus der Weihnachtsbäckerei.
16:30 – Die Dreijährige zum Büffet schleppen und sich ganz kurz der Illusion eines gemütlichen Kaffees mit Freundinnen hingeben.
16:33 – Kaffee auf ex und Kuchen inhalieren; Dreijährige scheint Termine zu haben.
16:40 – Dreijährige will dringend JETZT SOFORT der Weihnachtsgeschichte lauschen. Also rein ins Vorlesezimmer.
16:41 – Dreijährige findet das Vorlesen „STINK LANGWEILIG, MAMI!“ und verschwindet. Ich popel mich aus der Menge der lauschenden Kinder wieder aus dem Vorlesezimmer.
16:42 – Die Dreijährige geradeso vom Plantschen im Badezimmer abhalten und stattdessen zum Pinkeln überreden. Meckern. Theatralisches NAIIIIIIIIIIN ertragen. Pinkeln.
16:43 – Auf die Uhr sehen und merken, dass es erst 16:43 ist
16:44 – Die Sechsjährige kommt kuscheln und fragt, ob sie bei XY schlafen darf. Nein. Vielleicht bei XY2? Nein. Vielleicht darf ja bei XY bei ihr schlafen? Nein. Meckern. Dreijährige wirft sich auf den Boden, weil die Sechsjährige bei XY schlafen darf. Der Dreijährigen erklären, dass das nicht stimmt. Beide Kinder sauer.
16:50 – Die Dreijährige davon überzeugen, dass Laubsägearbeiten nicht das Richtige für sie sind. Wutanfall überstehen.
16:53 – Nicht mehr die Freundin der Dreijährigen sein.
16:55 – Wieder die Freundin der Dreijährigen sein, weil die sich nicht alleine Saft nachschenken kann.
17:00 – Kinder versammeln sich alle im Singzimmer und singen zusammen Weihnachtslieder.
17:05 – Heulen, weil die doofen Lieder irgendwie das Muddi-Herz erreichen und sentimental daran denken, wie das all die Jahre mit der Sechsjährigen war und jetzt das Baby auch schon so weit ist…
17:06 – Sehen, dass die Sechsjährige nur Mist mit ihren Freundinnen macht und unangenehm auffällt und hören, dass die Dreijährige keinen Bock mehr zum Singen hat und verschwinden will.
17:07 – Kinder mit bösen, stummen Blicken vergeblich erreichen wollen. Ansprache der Elternvertreter überleben. Dreijähre strampelnd auf dem Arm halten und mit irrealen Versprechungen noch ein paar Minuten zur Ruhe überreden können.
17:20 – Auf die Uhr sehen und merken, dass es erst 17:20 ist. Den arbeitenden Papa verfluchen.
17:21 – Dreijährige ist verschwunden und nicht im Badezimmer beim Plantschen.
17:25 – Dreijährige beim Chaosstiften bei den U3-Kindern finden.
17:26 – Dreijährige wirft sich auf den Boden, weil sie nicht weiter bei den U3-Kindern chaosstiften darf.
17:30 – Schnell einen zweiten Kaffee auf ex kippen und sich wünschen, einen Flachmann mit Rum mitgenommen zu haben. Geistige Notiz mit „Flachmann mit Rum“ pinnen.
Die Zeit zwischen 17:30 und 18:00 damit verbringen, der Dreijährigen hinterherzurennen, die irgendwas sucht, aber nicht mehr weiß, was. Zwischendrin einige Sekunden mit Freundinnen reden und gemeinsam die Papas verfluchen.
18:00 – Die Sechsjährige suchen. Finden. Wieder verschwinden sehen. Die Dreijährige anziehen. Die Dreijährige vom Ausziehen abhalten. Die Sechsjährige sehen und zum Anziehen nötigen. Die Dreijährige verschwindet.
18:10 – Die Sechsjährige die Dreijährige aus dem Badezimmer vom Plantschen holen schicken.
18:15 – Mit beiden meckernden Kindern den Kindergarten verlassen und sie endlich bei Papa abliefern. Alleine einkaufen gehen.
20:30 – Im Bett liegen und seufzen, weil die Feier schon wieder vorbei ist und wehmütig werden, weil die Dreijährige beim nächsten Mal schon eine Vierjährige und die Sechsjährige eine Siebenjährige sein wird.