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Von Sarah

Wir planen ein gemeinsames, verlängertes Wochenende mit der Familie in einem schönen Ferienhaus in Dänemark. Es ist mal wieder dringend an der Zeit, dass wir uns alle auszuruhen und entspannen können. Zeit, die wir als Familie dringend brauchen.

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Mein Mann musste in der letzten Wochen viele Überstunden machen, weil er freiberuflich arbeitet, wir freuen uns schon seit Wochen auf diese kleine Reise. Wir haben unseren zweijährigen Zwillingen sogar ihre ersten Angelruten gekauft und planen eine Schatzsuche.

Alles scheint perfekt…aber leider bin ja da noch ICH.

Ein dicker Klumpatsch, der reif für die Nervenheilanstalt ist.

Tatsächlich hat einer meiner Jungs mich gestern kurz angeschaut und gesagt: „Mama ist müde.“ Ja… Ja, mein Schatz. Mama ist müde. Mama ist so verdammt müde. Ich tue mein Bestes, um meine emotionalen Probleme von meinen Jungs fern zuhalten, aber sie werden älter und einfühlsamer und ich mache ihnen eigentlich ständig etwas vor… Noch komme  ich damit durch. Es liegt bei mir keine psychische Erkrankung vor. Die Welt und unsere Zeit haben mich komplett verrückt gemacht.

Ich meine es todernst.

Wir versuchen doch alle nur dieses Leben auszutricksen, wir tun unser Bestes, um unsere Kinder großzuziehen und um sie in Sicherheit zu bringen, und um sie vor der großen bösen Welt zu schützen. Was aber, wenn die Welt dir sagt, dass DU das Problem bist? Dass du nicht vorsichtig genug, nicht bewusst genug und nicht fleißig genug bist?

Das war meine größte Angst, als ich Mutter wurde. Die meiste Zeit meines Lebens war ich mir sicher, dass ich keine Kinder bekommen würde. Ich glaubte nicht, dass ich angesichts meiner eigenen Kindheit, und meiner Probleme mit Angst und Depressionen fit genug für diesen Job wäre. Es gibt zu viele „Regeln“ und Erwartungen an Mütter. Diesen Maßstäben kann niemand gerecht werden.

In der Nacht vor unserer Abreise las ich einen Artikel über eine Studie, die über die schlechtesten Sonnenschutzmittel für Kinder und Erwachsene berichtete. Klar, das Zeug, das ich gerade gekauft habe, belegte den letzen Platz auf der Liste. Na super. Natürlich musste das so sein. Werfe ich es jetzt in den Müll und verschwende die 20 Euro, was keine kleine Summe für uns ist ODER gehe ich direkt los und kaufe das gute Zeug, die Lotion von kleinen feenhaften Engeln, die es mit Liebe und ewigem Leben für den klitzekleinen Preis eines Kleinwagen hergestellt haben? Die Lotion bekommt man natürlich nur in Nimmerland, denn dort leben die Feenengel. Oder reibe ich meine Kinder in dieser giftigen Todescreme ein, weil ich mich diesem Artikel nach zu urteilen offensichtlich nicht genug um sie kümmere?

Ich hasse das Leben.

Ich bin müde, Leute. Es ist nicht nur, weil mein Mann viel arbeitet, oder weil ich Zwillingskleinkinder habe, die entweder nur bei 0% oder bei 120% richtig „funktionieren.“ Das ist keine große Sache – Ich schaffe das… irgendwie…

Es geht also nicht um die Übermüdung einer Mama wegen der Kinder, nein. Mich machen diese ganzen Regeln und Vorgaben nur einfach krank und müde. Vorgaben über das gesunde Essen. Neue Erkenntnisse in Sachen Hygiene. Fair Trade Kleidung. Schule / Bildung. Neue Vorgaben in Sachen Entwicklung. Erkenntnisse über Medikamente. Neues zum Thema Schlafmethoden / Co-Sleeping. Regeln zum Thema Spielzeit. Autositze. Stillen. Tragen. Medienkonsum. Regeln über Regeln. Dauernd kommt etwas neues raus.

Du kannst natürlich andere Wörter für Regeln bzw. Vorgaben benutzen: Meinungen, Lektionen, Studien, Richtlinien, Listen, Programme, Überzeugungen, Standards,… Es kommt aber im Grunde immer das Gleiche dabei raus.

Ich hasse es. Bitte, und ich meine das von ganz tief aus meinem übermüdeten Herzen heraus, nimm dir dein wissenschaftliches Tortendiagramm und schiebe es dir in den… du weißt, was ich sagen will…

Ich habe in all den Jahren in denen ich Angst davor hatte Kinder zu bekommen und zu erziehen, nie verstanden, dass ich vielleicht gar nicht das Problem bin. Meine Jungs zu lieben und mein Bestes zu geben, um sie mit allem zu versorgen, was mir zur Verfügung steht, ist genau die verantwortungsvolle Erziehung, die sie brauchen.

Ich liege nachts oft wach, und das liegt nicht daran, dass ich bipolar oder medikamentös falsch eingestellt bin. Stattdessen liege ich wach und frage mich, ob ich die neuen Klamotten der Jungs auch ja gewaschen habe, bevor sie sie tragen, weil ich heute einen Artikel darüber gelesen habe, dass sich giftige Chemikalien in ihnen verstecken können, die schlecht für ihre Haut sind.

Können wir nicht einfach so weitermachen und sagen, dass uns sowieso quasi alles um uns herum irgendwann umbringen wird? Alles ist schlecht, also lass es uns doch einfach hinter uns bringen? Einfach nur weiter machen? Wir werden doch eh alle irgendwann sterben. Das ist doch alles außer Kontrolle geraten hier.

Eigentlich möchte ich meinen Kindern einfach nur etwas zu Essen machen und nicht ständig die kleine Stimme in meinem Hinterkopf haben, die mich mit Fragen quält, ob das, was sie essen, nicht vielleicht doch pures Gift ist. Ich weiß es LEIDER nicht, weil ich in meinem super flexiblen Zeitplanheute nicht die Zeit gefunden habe, um alle Zutaten auf der Verpackung zu googlen.

Ich will nicht sagen, dass es grundsätzlich falsch ist, sich über alles zu informieren und jede Studie zu lesen. Ich sage auch nicht, dass die Sorge ob dieser Probleme falsch ist. Ich sage ebenso nicht, dass diese Stimme in mir falsch ist. Tu das, was du kannst, wenn du es  denn schaffst. Ich weiß das, ich tue es auch. Alle Mamas haben meinen größten Respekt. Wirklich.

Ich bin einfach nur müde. Müde von Allem. Ich sehe meine Jungs an, wenn ich sie jeden Abend ins Bett bringe, und sie sind die süßesten, glücklichsten und gesündesten Menschen, die ich je getroffen habe. Bis jetzt sind sie das Beste, was ich je hervorgebracht habe. Dies ist die einzige Sache in meinem Leben, bei der ich wirklich weiß, dass ich etwas richtig gemacht habe-, ob ich den neuesten Mama Trends nun zustimme oder nicht. Manchmal wünsche ich mir, dass ich in einer Zeit leben würde, in der ich nicht mit diesen täglichen Infos überhäuft werden würde.

So, das war es jetzt. Veröffentlicht ruhig weiterhin all diese vernichtenden Informationen. Teilt die neuesten Enthüllungen mit uns. Ich kapituliere und werde mir das nicht weiter geben. Das Leben an sich ist hart genug. Ich werde einfach weiter leben und jedem Moment mit meinen Jungs in mich aufsaugen. Wenn ich etwas lese wie: „10 tödliche Dinge, von denen du keine Ahnung hattest, dass du sie gerade einatmest“ oder „Wusstest du, dass das Öffnen deiner Augäpfel tödlich sein kann?“, dann werde ich einfach meinen Computer herunterfahren, schlafen gehen und von unserem nächsten Campingausflug träumen. Weil ich müde bin. Wirklich, wirklich, müde. Ich bin mehr daran interessiert, jeden Tag mit meinen Kindern zu genießen, als dass wir uns permanent darüber Sorgen machen, wann wir denn nun sterben werden.

Danke und Gute Nacht.

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