Werbung

Dieser Text wurde uns anonym zugeschickt. Der Name der Autorin ist dem Müttermagazin bekannt.

Sollen wir es wirklich nochmal versuchen, schwanger zu werden?

Werbung

Nachdem unsere Tochter an einer ungeklärten Todesursache im Mutterleib verstarb, brauchten wir eine Auszeit, um zu entscheiden, ob wir es nochmal versuchen wollen, schwanger zu werden. Wir haben doch schon zwei wunderschöne, lebende Töchter und der Schmerz saß noch so tief. Wir hatten als Familie so viel durchgemacht, dass eine weitere Schwangerschaft zunächst gar kein Thema für uns war.

 

Unsere Tochter starb in der 37.ten Schwangerschaftswache, sie war absolut gesund. Ich wusste bis dato gar nicht, wie viel Leid ich ertragen kann.

Die Angst und das Entsetzen über ihren Tod nahmen mich völlig ein. Dennoch wurde ich wieder schwanger. Jeder Gang zum Frauenarzt, jeder Zeitungsartikel triggerte meine Angst. Als mein Bauch deutlich anfing zu wachsen, wuchs auch die Angst in mir, dieses Kind auch zu verlieren. Die Ängste umkreisten mich und der ständige Chor der Zweifel flüsterte mir permanent folgendes in mein Ohr: „Kann dein Körper nicht irgendetwas Zusätzliches tun? Du weißt, dass auch dieses Kind jederzeit sterben kann: Es ist schon einmal passiert, es kann wieder passieren.“

Versprich mir einfach, dass das Baby am Leben bleibt, ich flehe dich an……

Die Wahrheit ist, dass ich diesmal nicht gerne schwanger war, ich wollte nur das fertige Baby in meinen Armen halten. Ich hatte auf die schlimmste Weise erfahren müssen, dass auf eine Schwangerschaft nicht immer ein gesundes Baby folgt….. Ich war mir sehr wohl bewusst, dass diese schlimme Erfahrung meistens nicht zweimal hintereinander passiert aber während die Schwangerschaft voranschritt, konnte ich es nicht abwarten, dass sie endlich vorbei war.

Versteht mich nicht falsch, es gab schon Momente von absoluter Freude und da war ganz viel Liebe in mir: Liebe für das wachsende Baby. Es war nur meine Angst, die so allgegenwärtig war, dass sie mir fast die ganze Freude über diese Schwangerschaft nahm. Die Angst erinnerte mich permanent daran, dass ich es zwar genießen kann, aber ich wusste auch, dass es jeden Moment vorbei sein kann.

Dies war eine Schwangerschaft, in der ich keine Babyshower-Partys feierte, es gab auch keine Gender-Reveal Party. Das war eine Schwangerschaft, in der ich nur von Arzttermin zu Arzttermin hibbelte, alle zwei Tage zum CTG rannte und auch sonst total nervös war.

Jeden weiteren Tag der Schwangerschaft zwang ich mich dazu, Ruhe zu bewahren, damit ich das Baby im Bauch nicht unnötig stresse. Ich betete jedes Mal, wenn ich schlafen ging, dass wir beide am nächsten Morgen noch hier sein würden. Je näher der Entbindungstermin rückte, umso stärker wurden meine Ängste.

Ich hatte diese Schwangerschaft so satt, ich war krank vor Sorge. Ich wollte nur mein Baby in meinen Armen halten. Gesund und lebend. Ich spürte mein Baby zwar aber selbst die Bewegungen machten mich nur nervöser. Ich wollte einfach, dass es endlich vorbei ist. Mein Körper und mein Verstand waren am Ende. Nichts ging mehr.

Ich war es so verdammt Leid, die Leute sagen zu hören: „Es kann nicht noch einmal passieren.“ Natürlich ist es UNWAHRSCHEINLICH aber eine Garantie gibt es leider nicht.

Ich hatte es so satt, wenn die Leute mir sagten „Du musst doch glücklich sein“. Ich war glücklich, aber ich war zu sehr in meiner Angst gefangen, um das neue Glück genießen zu können.

„Du hast es verdient, nach allem, was du durchgemacht hast.“Gott, wie naiv. Schlechte Dinge passieren guten Menschen. Es geht hier nicht um GLÜCK, verdammt!

Und natürlich kam auch: „Du musst versuchen, dich zu entspannen!“ Ehrlich, das ist einfacher gesagt, als getan, ihr Schlaumeier.

Ich bin eine der Glücklichen. Ich habe eine gesundes Baby nach einer stillen Geburt geboren.

Ich kam in der 35.ten Schwangerschaftswoche ins Krankenhaus. Der Stress wurde zu groß. Ich schlug nahezu täglich bei meinem Frauenarzt auf und hätte am liebsten am CTG angeschlossen in der Praxis übernachtet. Es war nicht mehr tragbar, weder für mich, noch für meine Hebamme.

Dazu kam ja auch noch der Alltag mit zwei Kindern, der Mann, der weit entfernt von Zuhause arbeitete….Der Druck war viel zu groß und holte mich täglich aus Neue ein……

Mein Arzt bestätigte uns, dass unser Baby gesund und munter ist und so planten wir eine Einleitung. Ich weinte, weil ich einerseits so unfassbar froh über den Einleitungstermin war,  andererseits weinte ich dann noch mehr, weil ich nicht bis zu meinem ET durchhalten konnte. Ich fühlte mich so unfassbar schuldig. In mir herrschte nur noch Chaos.

Als ich daran dachte, meinem Baby unter Umständen nicht genug Zeit zum reifen zu geben, machte mich das total fertig. Letztlich klammerte ich mich an den letzten Faden der Vernunft, der mir sagte, dass es hier auch um mich und meine Psyche geht. Ich wusste, dass unser Baby groß und stark genug ist, um geboren zu werden. Es wird leben.

Unser Sohn kam gesund auf die Welt.

Er wog 3554 Gramm und war trotz früher Einleitung bereits ein reifes Baby. Wäre das anders gewesen, ich glaube, ich hätte mir das nie verziehen.

Manchmal fiel es uns schwer, unseren Sohn zu genießen und dabei nicht an Emmas Tod zu denken. Wir fühlten uns Emma gegenüber schuldig. Ich habe die Schwangerschaft nicht genossen, weil ich immer so eine Angst hatte, wieder mit leeren Armen nach Hause zu kommen.

Ich fühlte mich schuldig, weil die Art und Weise von Pauls Geburt uns natürlich auch an Emmas Tod erinnerte. Er wurde zu früh geboren, weil ich so eine Angst hatte, ihn auch noch zu verlieren. Ich liebe Paul genauso wie ich Emma liebte, aber nur ihn durfte ich behalten. Ich fühlte mich schuldig, dass mein Körper Emma nicht am Leben gehalten hat so wie ihn. Vor der Schwangerschaft mit Paul hatte ich ständig das Gefühl, dass ich das Schicksal zu sehr herausfordern will.

Vor allem aber wussten wir, dass unser Sohn nie ein Ersatz für unsere Tochter sein würde.

Wenn trauernde Eltern wieder schwanger werden wollen, ist es ratsam, sich genau auf die bevorstehende Schwangerschaft und die damit verbunden Ängste auseinander zu setzen.

Mein Rat, ist, jeden Tag auf sich zukommen zu lassen, auf sich selbst aufzupassen, ehrlich zu sein mit sich und mit der Familie und mit den Medizinern, die kleinen Dinge wieder schätzen zu lernen, die Ruhe zu genießen und immer einen Fuß vor den anderen zu setzen – du hast bereits bewiesen, wie stark du wirklich bist.

Werbung

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.