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Ein Gastartikel von Lisa aus Hannover.

„Mami, alle meine Freunde treffen sich heute zu einer großen Party und sie bringen alle ihre Nerf-Gewehre und so mit“, sagte mein Sohn neulich deutlich aufgeregt. Oh, oh, dachte ich, jetzt geht’s los……..

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Ich hatte mich darauf vorbereitet, wie ich mit ihm über das Thema „Enttäuschung“ reden  werde, wenn er irgendwann nicht zu einer Party eingeladen wird.

„Und Schatz, bist du sehr traurig, dass du nicht eingeladen wurdest?“, fragte ich ihn vorsichtig.

„Nee, mir geht’s gut, Mama“, sagte er und dann erzählte er mir von all den Sachen, die seine Freunde machen wollten. Und ich glaube, er hat sich wirklich für sie gefreut. Er war nicht eifersüchtig. Nicht traurig. Nicht enttäuscht. Er war nur froh, dass seine Freunde sich amüsieren werden. Zum millionsten Mal in 10 Jahren fragte ich mich: „Wo zum Teufel kommst du her?“

Ein Kind mit einer alten Seele großzuziehen ist nicht immer einfach. Einmal, als er ungefähr 2 Jahre alt war, ich erinnere mich noch genau daran, saßen wir beide am Tisch und aßen zu Mittag und ich war über etwas traurig, aber ich versuchte, meine Gefühle vor ihm fernzuhalten. Er sah mich immer wieder an, während ich so tat, als ob alles in Ordnung sei. Schließlich hielt er inne und berührte meine Wange mit seiner patschigen Kleinkind-Hand. Dann schaute er mir so tief in die Augen, dass es mir den Atem raubte. Es war, als würde er in mich hineinschauen und tief in meine Seele blicken. Er war doch erst 2!

Er ist ein kleiner Träumer. Heute Morgen z.B. sahen wir ihn auf den letzen Drücker in den Schulbus springen, nachdem er seine Habseligkeiten mal wieder in Windeseile zusammen gesammelt hatte. Wir fluchten aber er wirkte ultra gelassen. Er hatte alles im Griff und ist dann in den fast fahrenden Schulbus gesprungen.

„Warum ist er immer so verdammt glücklich und gelassen?“ fragte ich meinen Mann, mein Haar kräuselte sich um meinen Kopf, ich schwitzte von der Anstrengung, 12 Mal die Treppe rauf und runter gelaufen zu sein und sah wahrscheinlich so aus, als hätte ich gerade einen Workout in meinem Bademantel veranstaltet.

„Er ist wirklich immer glücklich“, sagte mein Mann. Und es ist so wahr. Er ist vielleicht zerstreut und chaotisch und er weiß nicht, wie man eine Kommode schließt aber dieses Kind ist glücklich.

Er ist geduldiger mit seiner kleinen Schwester als ich es manchmal bin. Als sie noch nicht richtig sprechen konnte, übersetzte er oft für sie, obwohl er die gleichen verstümmelten Unsinnsworte gehört haben muss wie ich. Es ist, als hätte er eine direkte Verbindung zu ihrem Gehirn, eine, die ich nicht habe. Wenn sie draußen spielen, konnte ich oft beobachten, wie sie direkt zu ihm gelaufen ist, um getröstet zu werden, nachdem sie ihr Knie mal wieder angeschlagen hatte, ohne sich die Mühe zu machen, hineinzukommen, um von mir getröstet zu werden. Er nimmt sie behutsam auf seinen Schoß und klopft ihr sanft auf den Rücken, und dann tun sie wieder so, als hätten sie gerade die Trollkönigin erobert. Er sagte erst gestern zu ihr: „Es hat mir viel Spaß gemacht, heute mit dir Zirkus zu spielen. Es macht wirklich Spaß, Lilly!“ Und dann sterbe ich einfach. Sie wird in diese Welt hinausgehen und erwarten, dass jeder Mann, den sie trifft, sie mit Freundlichkeit und Rücksicht behandelt – so wie ihr Bruder.

Und dann die Gefühle. Oh mein Gott. Es gibt so viele unterschiedliche Gefühle auf dieser Welt. Die Welt ist nicht immer ein schöner Ort und negative Gefühle gehören zum Leben eben dazu. Unser Sohn verarbeitet immer noch unser Gespräch über Tierheime von vor etwa zwei Jahren.

Natürlich kann er auch manchmal mies gelaunt und anstrengend sein – weil er eben auch nur ein Mensch ist. Er lebt oft in seiner eigenen Welt, und es ist sehr schwierig, ihn in unsere zurück zu holen. Manchmal ist er der rechthaberische Bruder und versucht, ein drittes Elternteil zu sein. Und er rollt auch definitiv die Augen wie jedes andere Kind auch, wenn ich ihn bitte, seine saubere Kleidung in den Schrank zu legen.

Wenn er mir länger in die Augen schaut, dann komme ich nicht drum rum und ich muss unwillkürlich darüber nachdenken, wo wir herkommen und wohin wir gehen. Er erinnert mich jeden Tag daran, wie glücklich wir sein können, einander zu haben. Er ist die Ruhe, wenn es chaotisch wird, er ist unsere Insel im Sturm.

Manchmal mache ich mir Sorgen um seine alte Seele.

Ich fürchte, dass sein Herz viel gebrochen werden wird, denn wenn er liebt, liebt er mit jeder Faser seines Körpers.

Ich befürchte, dass unsere moderne Welt ihm etwas von dem nehmen wird, was ihn so einzigartig macht, und so jage ich ihn von seinem iPad weg, damit er möglichst viel von dieser wunderschönen Natur da draußen mitbekommt.

Ich mache mir Sorgen, dass diese Welt ihn überwältigen und beängstigen wird, weil er so anders fühlt.

Ich mache mir besonders deswegen Sorgen, weil ich nicht glaube, dass meine Seele so alt ist wie seine. Kann ich ihm eine gute Mama sein?

Eine alte Seele in der Familie zu haben kann aufregend sein und einige Dinge überraschen mich immer noch. Als er 3 Jahre alt war, sagte er mir, dass er vor seiner Geburt überall nach einer Mutter mit einer wunderschönen Stimme gesucht hat und er letztlich so glücklich war, als er mich schließlich fand.

Ich auch, mein Schatz. Ich auch.

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