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Meine Name ist Silvia, ich bin 38 Jahre alt und komme aus Bremen. Wir erziehen unsere Kinder bedürfnisorientiert und ich möchte euch heute davon erzählen, warum kein Arzt mein Kind je nackt sehen wird, bevor er dem nicht selbst zustimmen kann.

Als ich sieben Jahre alt war, wurde ich das erste Mal von meinem Kinderarzt belästigt. Es war schwer, meine Mutter davon zu überzeugen, denn niemand hätte je geglaubt, dass dieser tolle Arzt sich an Kindern vergriff. Alles, was ich meiner Mutter immer wieder sagte, war, dass mein Arzt mich dort nicht hätte berühren dürfen. Ich kam wegen einer Erkältung zu ihm und ging als psychisch schwer erkranktes Kind wieder aus der Praxis heraus.

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Das Berühren dauerte immer länger, als es sollte, das war für mich das deutlichste Zeichen dafür, das etwas nicht stimmen konnte. Im Verlauf begann ich mich jedes Mal zu fürchten, wenn meine Mutter mich von der Schule abholte, um mich zu einer Untersuchung zu bringen. Ich wusste genau, dass es ihr egal war, wie unwohl ich mich dabei fühlte. Die Ironie an der ganzen Sache ist die: Meine Mutter war diejenige, die meinem Vater erst 6 Monate nach meiner Geburt erlaubte, meine Windel zu wechseln, und die sich weigerte, das jemand anderes, als sie selbst mich zu Bett brachte, weil sie den Freunden meines Vaters genauso wenig vertraute, wie ihm selbst. Doch, als ich das erste Mal unsittlich vom Kinderarzt berührt wurde, war sie sogar mit im Raum und angeblich bekam sie nie etwas davon mit.

Sie vertraute einem Arzt mehr, als ihrer eigenen Tochter.

Schließlich hörte meine Mutter mir doch zu und wir wechselten den Kinderarzt. Ich machte nie wieder derart schlechte Erfahrungen mit dem neuen Arzt, und ich war so glücklich, später in einem Alter zu sein, in dem ich selbst entscheiden konnte, was mit meinem Körper gemacht werden durfte und was eben nicht. Als neulich ein Skandal eines olympischen Arztes in die  Nachrichten kam, der sich reihenweise an Frauen verging, wurde mir meine Geschichte wieder brutal vor Augen geführt. Anscheinend sind die Menschen erst jetzt bereit, zu kapieren, dass Ärzte nicht immer Götter sind und dass Kinder keine Stimme haben.

Ich habe keine Tochter, allerdings bin ich Mutter eines Sohnes und ich glaube, seine Körperteile sollten genauso sorgfältig wie die der Mädchen geschützt werden. Sein Körper wird so lange von mir beschützt, bis er erwachsen genug ist, um selbst zu entscheiden, was mit seinem Körper passieren soll. Darum werde ich nicht zustimmen, dass er jemals nackt untersucht wird, bevor er nicht alt genug ist, um mir zu sagen, ob er damit einverstanden ist oder nicht.

Einige Eltern werden jetzt argumentieren, dass meine Meinung extrem sei, weil ein Kind  gar nicht absehen kann, was für seinem Körper richtig ist, wenn er doch erst drei Jahre alt ist.

Meine Antwort darauf lautet: „Warum nicht?“

Ich achte genau darauf, wie ich mit meinem Sohn umgehe, und er lernt, dass ich seinen Körper respektiere und dass andere dies auch tun sollten. Ich ziehe ihm seine Kleidung niemals gewaltsam aus, wenn er zum Beispiel nicht baden möchte. Ich warte ein paar Minuten ab und wenn er dann besser gelaunt ist, denn dann ist er normalerweise eher bereit und ich muss ihn nicht gegen seinen Willen ausziehen. Er würde sonst lernen, dass sein Bedürfnis mir total egal ist und Erwachsene alles tun können, was sie mögen, ohne auf ihn Rücksicht zu nehmen.

Wenn es ums Töpfchentraining geht, ziehen wir ihm seine Unterwäsche oder Windel nicht aus, er selbst darf das tun und wir lassen ihn solange auf seinem Töpfchen sitzen, bis er fertig ist. Wenn er seine Unterwäsche dabei anbehalten will, erlauben wir ihm dies. Bei Arztterminen sagen wir dem behandelnden Kinderarzt stets, das wir nicht möchten, dass unser Kind an den Genitalien berührt wird. Unser Kinderarzt scheint damit kein Problem zu haben.

Ich höre die Stimmen der Leute dazu noch ganz laut in meinem Kopf: „Sie fügen Ihrem Kind Schaden zu, indem Sie den Ärzten nicht erlauben, ihre Arbeit zu machen!“ Meistens entgegne ich diesen Leuten, dass ich als Mutter sehr wohl bestimmen kann, WIE der Arzt die erforderliche Untersuchung durchführen soll, denn letztlich will der Arzt eine Rechnung schreiben und er wird sich dafür einfach an meine Regeln halten müssen – Mein Kind. Meine Regeln. So einfach ist das.

Alles, was ich weiß, ist, dass mein Sohn keine regelmäßige Untersuchung seiner Hoden braucht, solange er also keine Schmerzen hat oder aber mit einer gewissen Krankheit geboren wurde, fasst ihn dort niemand an. Ende der Geschichte.

Noch wichtiger ist die Tatsache, dass ich derzeit noch die einzige Stimme bin, die mein Sohn in einer Untersuchungssituation hat. Da er sich selbst noch nicht genug ausdrücken kann, kann ich mir auch nicht sicher sein, dass er sich gut dabei fühlt, wenn ihm ein Fremder im Schritt rumfummelt. Wenn ich ihn also dazu zwingen würde, sich einer Situation auszusetzen, mit der er nicht einverstanden ist, wird er sich immer fragen, warum es Ausnahmen zu Mamas Regel gibt, dass niemand seinen Körper berühren darf. Schlimmer noch, er wird irritiert sein, weil er gar nicht abschätzen kann, wer ihn sonst noch berühren darf, außer seiner Mutter. (Babysitter? Nachbar? Erzieherin?).

Das würde ihn nur total verunsichern und das versuche ich zu verhindern.

Nenn mich irrational, aber ich schlafe nachts besser, wenn ich weiß, dass mein Sohn lernt, dass er selber die Kontrolle über seinen eigenen Körper haben darf. Eines Tages wird er erleben, dass Mädchen sich entscheiden müssen, was mit ihren Körpern passiert – etwas, womit hunderte Frauen immer noch vor Gericht zu kämpfen haben, weil sie während der Geburt ihrer Kinder am Bett festgeschnallt wurden oder ihnen ein Katheter verabreicht wurde, alles Dinge, denen sie nie zugestimmt haben. Stichwort: Interventionsspirale.

Es ist nie zu früh, um Jungs diese Art von Werten zu vermitteln, und es ist immer der richtige Zeitpunkt, sich daran zu erinnern, dass ein Kind eine eigenständige Person mit Gedanken und Gefühlen ist, unabhängig davon, wie klein sie auch sein mag.

Diese aufgeklärten Jungs werden später die Geburtshelfer bei der Geburt eurer Enkel sein. Denk mal drüber nach…….

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