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Mein Name ist Kathrin. Ich reichte diesen Gastbeitrag ein, weil ich glaube, dass es vielen Müttern so ergangen ist wie mir. Ich schäme mich nicht mehr für meine Gefühle. Wenn jemand mich jetzt verurteilen möchte: Das Müttermagazin kennt meine Email Adresse und leitet mir gerne alles weiter.

Ich wusste schon als kleines Mädchen, dass ich irgendwann nur Töchter habe. Ich wusste es einfach.

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Schon als kleines Kind war ich ein richtiges Mädchen: Ich liebte alles, was rosa war, hatte lange Haare und fand alles, was typisch „Mädchen“ ist ganz großartig. Ich bin mit einer Schwester aufgewachsen, einer starken Mutter, hatte vielen Freundinnen. Ich habe Mädchen immer verstanden. Ich verstand, was uns motivierte, was uns glücklich machte, was uns verärgerte und wie wir kommunizieren.

Jungs waren seltsame, fremde Wesen für mich, die ich zwar mochte, aber nicht unbedingt verstehen konnte.

Als der Schwangerschaftstest plötzlich zwei Striche anzeigte, hatte ich keinen Zweifel daran, was da in mir heranwachsen würde. Ich musste mich auf Grund einer genetischen Vorbelastung eingehend untersuchen lassen, und Gott sei Dank war alles gesund! Mein Gynäkologe fragte mich, ob ich das Geschlecht wissen wollte. Natürlich wollte ich!!

„Du bekommst einen Jungen!“ erwiderte mein Arzt.

„Was?“ sagte ich. „Einen Jungen?“

Was zum Teufel sollte ich mit einem Jungen anfangen? Obwohl ich ja mit einem Jungen verheiratet war, war diese Gattung Mensch immer noch verwirrend für mich. Ich meine, mein Mann und ich haben uns in der Vergangenheit über wirklich dämliche Dinge gestritten, weil wir völlig unterschiedliche Wesen sind. Zumindest fühlte es sich immer so an. Er versteht ja bis heute nicht einmal meinen Unterton, wenn ich antworte: „Schon gut!“ Wie sollte ich jemanden aufziehen können, der keine Untertöne versteht?

Einen Jungen?

Und dann wurde mein Junge geboren.

Er schrie und hatte ein rotes, zerknautschtes Gesicht und er war winzig.

Sie brachten ihn sofort zur Neugeborenenintensivstation. Er erbrach grünes Mekonium, und sie hatten Angst, dass er es auch in seine Lungen eingeatmet hatte. Ich erinnere mich an all die seltsamsten Dinge an diesem ersten Tag – an mein blutiges Nachthemd, an die vielen Tränen wie ich mich bei der Schwester für all das entschuldigte, als sie mich auf die Intensivstation brachte, damit ich ihn endlich sehen konnte. Sie sagte: „Ich verstehe, dass du weinen musst, du hast allen Grund dazu“, und ich weinte nur noch mehr.

Ich werde nie vergessen, wie er so klein und hilflos in seinem Inkubator lag und ich vergesse auch nie die tiefe Erleichterung, die ich spürte, als er endlich in mein Zimmer geschoben wurde. Ich werde mich immer daran erinnern, wie ich ihm „LA LE LU“ vorsang, während ich im Krankenhausstuhl hin und her schaukelte. Das alles überraschte mich sehr.

Ich frage mich damals, was mich an ihm noch überraschen könnte.

Nun, es stellte sich heraus, dass ich immer noch jeden Tag überrascht werde, davon, wie es ist, die Mama eines Jungen zu sein. Jungs lieben ihre Mamas mit einer Intensität, die ich nie ganz verstanden habe. Es ist, als hätten sie diesen inneren Drang dich stets verteidigen und beschützen zu wollen.

Sie wollen dich stolz machen.

Sie wollen sich in dich hinein kuscheln, auch wenn sie das Gefühl haben, dass sie eigentlich schon zu groß dafür sind.

Jungs sind viel körperlicher, als du je gedacht hast.

Jungs sind emotionaler und süßer, als du es dir jemals vorgestellt hast.

Jungs haben mehr Energie als du es jemals geahnt hättest. Und dann das Gezappel, oh mein Gott, dieses Zappeln. Ich glaube nicht, dass mein Sohn jemals während eines ganzen Essens auf seinem Stuhl gesessen hat. Er ist stets schmutzig und verschmiert. Er drückt sein klebriges Gesicht an meins um mir zu sagen, dass er mich so sehr liebt.

Er macht die dümmsten Sachen, wie sich den Arm zu brechen, während er versucht, auf  seinen Knien zu laufen. Er bastelt mir die schönsten Muttertagsgeschenke der Welt. Wenn er mir vorm Schlafengehen sagt: „Ich bin so froh, dass du meine Mama bist“, dann springt mein Herz vor Freude.

Es ist eine Liebe, die ich so nie erwartet hätte. Eine echte, bedingungslose Liebe. Und ich bin so dankbar, dass ich diese Liebe erleben darf, vielleicht gerade, weil ich sie nicht erwartet habe. Ich wusste es damals nicht besser.

Jungs können dein Herz auf unzählige Arten brechen, und ich konnte ja nicht ahnen, dass es mich schon in die Knie zwingt vor Glück, wenn ich ihn dabei beobachte, wie er sich im Spiegel anschaut.

Oder wenn ich ihm zuschaue, wie er seine Schwester tröstet, wenn sie sich verletzt hat.

Oder wenn er mich so fest mit seinen dünnen, kleinen Armen an sich drückt, die eines Tages größer sein werden als meine eigenen.

Oder wenn er versucht, ganz still stehen zu bleiben, wenn er an der Wand gemessen werden will – um es ja richtig zu machen.

Ich liebe es, die Hoffnung in seinen Augen aufblitzen zu sehen, wenn er mit seiner Mannschaft auf dem Fußballfeld steht.

Dieser Stolz, wenn er dir etwas erzählt, was du noch nie gehört hast.

Wenn er meine Hand ganz unvermutet greift.

Er kann mir das Herz bereits brechen, wenn er nur meine Hand halten will.

Jetzt weiß ich es.

Ich weiß jetzt, wie es ist, eine Jungs-Mama zu sein, und ich würde diese Erfahrung gegen nichts auf der Welt eintauschen wollen.

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