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Von Hannah aus Trier.

Als Mutter eines Einzelkindes kann ich dir gar nicht genau sagen, wie oft ich bereits gefragt wurde, wann ich denn endlich ein weiteres Kind gebären werde. Meine Tochter ist vor kurzem vier Jahre alt geworden und ich werde oft und ungebeten daran erinnert, dass, wenn ich noch länger warte, der Altersunterschied zu groß sei und meine Gebärmutter wie eine Pflaume in der Sonne vertrocknen wird. Wenn ich also ein weiteres Kind haben will, gehe ich besser direkt ins Schlafzimmer und sorge für etwas Lärm. Jetzt. Sofort.

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Die Sache ist die: Ich will keine Kinder mehr. Bääähhhmmm. Jetzt ist es raus!

Wenn ich den Leuten dann sage, dass ich gerne Mutter eines Einzelkindes bin, sehen sie mich an, als hätte ich gerade ein Kätzchen missbraucht.

„Du möchtest deinem Kind ein Geschwisterchen vorenthalten?“

„Deine Tochter fühlt sich bestimmt oft einsam, oder?“

Und natürlich kommt der Satz „Es ist so viel einfacher mit zweien, weil sie miteinander spielen können“ auch ständig.

Ich widerspreche keiner dieser Aussagen – Ich habe sie selbst unzählige Male in Betracht gezogen. Geschwister können wunderbar sein. Ich habe einen älteren Bruder, der immer wie ein Held für mich war. Ich vergötterte ihn und meine Eltern hatten Zeit für sich, weil wir stundenlang mit seinen He-Man Figuren spielten. Es gab Zeiten, da habe ich auf dem Spielplatz Geschwister beim Umarmen, beim Spielen und auch beim Streiten beobachtet und tatsächlich überkam mich eine gewisse Traurigkeit, dass meine Tochter diese Bindung nicht erleben wird. Indem ich mich gegen ein zweites Kind entschied, verwehre ich ihr eine so wichtige Erfahrung. Das macht mich manchmal schon traurig. Es ist jedoch keine Option für mich, meiner Tochter nur deswegen ein Geschwisterchen zu schenken, weil sie es sich wünscht, während ich allerdings total dagegen bin. Das macht keinen Sinn.

Ist das egoistisch? Ja und nein.

Alle Eltern reagieren auf die Art der Erziehung, die sie als Kind erlebt haben. Meine beiden Eltern arbeiteten immer viel und schon in der Grundschule war ich ein Schlüsselkind, das viel Zeit mit sich allein verbrachte. Mein Bruder war drei Jahre älter und ab einem gewissen Punkt fand er seine kleine Schwester als Begleitung nicht mehr so passend. Er wollte mit Freunden abhängen, Bücher lesen, Videospiele spielen oder das tun, was auch immer 12-jährige Jungen in ihren Zimmern hinter verschlossenen Türen so machen. Ich hatte also einen Bruder, aber er wurde nicht auf diese Erde gesetzt, um mich zu unterhalten, und meine Eltern waren mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Ich war also oft von Menschen umgeben, fühlte mich aber trotzdem einsam.

Als meine Tochter geboren wurde, wusste ich sofort, dass ich mein Leben jetzt nach ihrem ausrichten werde. Ich bin keine Helikopter-Mama, die wie die NSA über dem Kind schwebt, aber ich habe mich vom Kopf bis zu den Füßen auf sie eingelassen. Da ich bereits wusste, dass dies meine einzige Chance sein wird, Mutter zu sein, habe ich bestimmte Entscheidungen getroffen, die ich sonst vielleicht nicht getroffen hätte. Wir schlafen nach wie vor in einem Bett, ich habe sie gestillt, bis sie drei Jahre alt war und ich schenke ihr jeden Tag viel Zeit. Ich widme mich voll und ganz meiner Tochter, so, wie meine Eltern es leider nie konnten. Ich jedoch habe die Möglichkeiten, die Dinge anders zu gestalten.

Mein Kind wird das Aufwachsen mit einem Geschwisterchen nicht kennenlernen, aber es hat eine tiefe Bindung zu seinen Eltern. Ich weiß, dass einige Leute glauben, dass Einzelkinder grundsätzlich egoistisch und habgierig sind – Ich konnte bis jetzt nur das Gegenteil beobachten. Meine Tochter besitzt ein enormes Selbstvertrauen, da sie nicht um Aufmerksamkeit, Spielzeug oder vor allem um Liebe kämpfen muss. Schon in jungen Jahren konnte meine Tochter teilen, weil sie früh begriff, dass ihre Freunde nur zu Besuch sind und all das Spielzeug wieder ihr gehören wird, nachdem der Besuch gegangen ist. Durch dieses Erfahrungen war sie schon sehr früh sehr gönnerhaft und entspannt.

Ich konnte meine Tochter immer hervorragend in mein Leben integrieren, anstatt mich immer auf Kinderbetreuung verlassen zu müssen. Mit nur einem Kind ist man freier als mit mehreren Kindern. Ich kann sie überall mit hinnehmen, teilweise begleitet sie mich sogar zu Meetings oder zu Veranstaltungen.

Auch, wenn es bestimmt schön ist, Teil einer großen Familie zu sein, so gilt dies auch für eine kleine Familie. Meine Tochter fragte mich vor kurzem, wann ich endlich ein Baby in meinem Bauch einziehen lassen würde, damit sie auch eine Schwester oder einen Bruder haben kann. Ich sagte ihr wahrheitsgemäß, dass ich das nicht vorhabe. Sie antwortete mit der einen Frage, die jedes Kind stellt: „Warum?“ Ich schluckte und sammelte mich. „Nun,“ erklärte ich, „Ich bin glücklich, so wie es ist. Ich liebe unser Leben und ich will nicht, dass sich die Dinge ändern. Ist es okay für dich, dass ich kein weiteres Baby mehr haben will?“

Sie dachte einen Moment lang über meine Worte nach, umarmte mich dann und sagte: „Ja, Mami, das ist okay. Ich bin auch sehr glücklich.“

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