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Ein Gastbeitrag von Lisa aus München.

Meine Tochter ist im Januar fünf Jahre alt geworden. Meine Tochter hat ihren Schnuller noch. So und jetzt könnt ihr loslegen mit euren Kommentaren. Glaubt mir, ich habe sie alle schon gehört. Mehrfach. In vielen Sprachen. Im Grunde genommen, kann ich schon mitsprechen. „Du musst ihr den Schnuller angewöhnen!“ „Was? Sie hat noch einen Schnuller? Das geht aber nur wirklich nicht!“ „Guck dir das große Mädchen da an, die hat noch ihren Schnuller!“ „Sind dir ihre Zähne denn egal?“ „Ohhhh, das ist aber gefährlich!“ Ich könnte ganze Seiten mit diesen Kommentaren füllen. Wisst ihr, ich hatte mir das auch ganz anders vorgestellt. Ich hatte mir ganz viele Sachen ganz anders vorgestellt bis, ja, bis ich Mutter dieses Mädchens wurde. Stillen wollte ich dieses Kind eigentlich vier Monate. Na gut, sechs Monate. Nun, ich habe sie volle zwei Jahre lang gestillt. Warum? Nun, dieses Mädchen brauchte diese Nähe. Sie war von Anfang an ein waches Kind, sie hat ihre Umwelt nur so in sich aufgesogen und es fiel ihr sehr schwer, sich abends zu beruhigen. Was ihr half? Nur Stillen half. Natürlich wurde ich für diese Entscheidung auch von allen Seiten angegriffen. Der Kinderarzt, die Oma, die Verwandten und..und…und….Seltsam, wenn man bedenkt, dass die WHO empfiehlt, Kinder mindestens zwei Jahre lang zu stillen. Ich bin total tolerant anderen gegenüber. Wer lieber nicht stillen will/kann/mag, der soll das gerne tun. Es geht im Prinzip doch darum, seinem Kind DEN Weg zu ebnen, der auch für beide der richtige Weg ist. Für mich war das Stillen eben unser Weg. So, das Thema Familienbett war auch ein Highlight. Ich kaufte vor Lenis Geburt ein schönes Babybett, nur um es nach vier Jahren werksneu wieder zu verkaufen. Warum? Ganz einfach, mein Kind schläft seit ihrem ersten Tag an dicht an mich gekuschelt. Nun möchte der Kritiker meinen, dass dieses Kind wenig Selbstvertrauen hat, weil sie ohne ihre Mama nicht schlafen kann. Ich kann euch beruhigen: Leni nimmt an jeder Übernachtungsparty ihrer Freunde teil und das mit großem Erfolg. Sie kann loslassen und sie traut sich das zu aber sie weiß, dass sie jederzeit bei mir schlafen kann, wenn sie das will. Nun, das ist, wenn wir alle zusammen sind, eben jeden Tag. So ist das eben. Ach ja, ich war ja beim Schnuller-Thema.

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Um Lenis zweiten Geburtstag herum wollte ich ihr das Ding kurzweilig abgewöhnen. Ich lockte sie mit allen erdenklichen Mitteln. Das reichte von der Schnullerfee bis hin zu großen Tauschgeschäften (Schnuller gegen Geschenk). Sichtlich amüsiert lehnte sie jeden meiner Vorschläge ab. Selbstbewusst. Natürlich gingen wir zum Zahnarzt und dieser bestätigte mir den offenen Biss. Mist. Da ist man als Mutter natürlich in einer miesen Zwangslage. Du willst dem Kind ja nicht eine Zukunft als Zahnspangenmonster bescheren. Durch Zufall entdeckte ich einen Schweizer Zahnarzt der mit einer Firma zusammen einen kieferfreundlichen Schnuller entwickelt hat. Das gute Stück kostet im Zweierpack 29,90 Euro. War mir egal, ich musste es probieren. Da dies aber kein Werbebeitrag für diese glorreiche Erfindung sein soll, erspare ich euch die Links 🙂 (Ihr könnt mir gerne eine Nachricht schicken, wenn das Ganze doch interessant sein sollte) Anyway, der Schnuller zog bei uns ein und ja, weitere drei Jahre zogen ins Land. Die Außenwelt reagierte sehr empört auf meine Duldung und dem Zahnarzt habe ich per Notlüge verklickert, dass wir das Ding los sind. Siehe da: „Ohh jaaaaa, Biss ist geschlossen, sehr gut!“ Das Ding ist, Leni braucht ihren Schnuller einfach noch. Ja, auch mit fünf Jahren ist ihr Saugbedürfnis noch da. So ist das mit den Menschen: Es gibt leider keine Schablone, die auf alle passt. Und sie hat das Bedürfnis eben noch. Wenn sie sich beruhigen muss oder müde ist, dann darf sie ihrem Bedürfnis nachkommen und das ist gesund! Ich nehme ihr Bedürfnis ernst und sie darf sich hier in ihrer Familie frei entfalten. Und mal ehrlich, das hört im Erwachsenenalter auch nicht auf. Welche Rituale auch immer zum „Runter kommen“ gehören, jeder nimmt sich das , was ihm gut tut. Und bei Kindern? Nein, Kinder müssen gefälligst mit zwei Jahren windelfrei, abgestillt und in der Lage sein, alleine zu schlafen. Bullshit!

Letztes Wochenende war die goldene Hochzeit meiner Schwiegereltern. Große Feier, viele Leute. Leni war sichtlich angespannt und sie wich kaum von meiner Seite. Irgendwann griff sie nach meiner Hand und flüsterte: „Mama, kann ich kurz den Schnuller haben?“ Als Mutter und Kennerin dieser besonderen Verwandtschaft war mir schnell klar, das dies nicht unkommentiert bleiben wird. Muss ich mich vor meiner Familie verstecken? Muss meine Tochter sich verstecken? Nein, verdammt! Also holte ich den Schnuller raus und er verschwand in ihrem Mund. Es muss ungefähr drei Sekunden später gewesen sein, als meine Schwiegermutter in einem Anfall von totaler Hysterie über den Tisch griff und meiner Tochter den Schnuller aus dem Mund riss. Begleitet von dem Satz: „Hör mal, ich glaub es geht los, Leni! An meinem Tisch nimmst du das Ding nicht! Du wirst ihn überhaupt nicht mehr nehmen, du bist doch schon groß! Ich werfe ihn jetzt weg!“ So schnell konnte ich gar nicht gucken und der heiß geliebte Schnuller landete im Müll. Ihr müsst euch jetzt eine große Kaffeetafel mit vielen Personen und auf uns gerichtete Augen vorstellen. Sekunden wurden gefühlt zu Stunden. Leni weinte. Ich war entsetzt. Wer hat das Recht meiner Tochter dermaßen übergriffig ein ihr so wichtiges Utensil zu entreißen? NIEMAND. Langsam stand ich auf, ich ging zum Mülleimer, kramte den Schnuller wieder aus, spülte ihr heiß ab und ging zurück zu meiner Tochter. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Ich sagte: „So Leni, das war nicht in Ordnung von Oma. Es ist dein Schnuller, dein Körper und dein Bedürfnis. Wenn du einen Schnuller brauchst, dann ist das okay. Du bist okay. Hörst du?“ Ich wendete mich meiner Schwiegermutter zu: „So und du willst Kuchen essen? Du freust dich drauf? Wunderbar, weil ich dir nämlich jetzt den Kuchen wegnehmen werde. Deine Gäste kann ich auch wegschicken und dann darfst du alleine in dein Bett gehen, was hälst du davon?“ Betretene Stille. Ich muss euch nicht erzählen, dass sie mich natürlich nicht verstanden hat und selbstverständlich habe ich ihr den Kuchen gelassen. Ich habe mich auf die nachfolgende Debatte allerdings auch nicht eingelassen. Das Thema war irgendwann vom Tisch aber Leni sah Oma nicht mehr mit dem Arsch an. Tja, das ist eben die Revanche für diese dämliche Aktion.

Wie auch immer, dieser Artikel soll Mamas ermutigen, sich nicht alles gefallen zu lassen. Es geht um euer Kind. Es geht um das Bedürfnis eures Kindes. Dieses Thema lässt sich auf den Schnuller, auf das Familienbett und..und..und…anwenden. Es gibt keine Schablone für Kinder und das es ist so wichtig, dass wir veraltete Erziehungsmuster endlich ablegen. Ja, früher hat man Kinder schreien lassen, damit sich die Lungen weiten. Früher wurden Kinder auch noch geschlagen. Mann, wir sind doch viel weiter heute. Meine Tochter hat ihren Schnuller noch. Sie ist fünf. Sie ist das wunderbarste Mädchen, was ich kenne. Sie ist emphatisch, sie ist unfassbar tierlieb und sie darf so sein, wie sie eben ist.

Und jetzt: Lasset die Spiele beginnen, ich hole schon mal das Popcorn raus………

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25 Kommentare

  1. Naja, was soll so schlimm daran sein ,wenn eine 5 Jährige noch einen Schnuller hat?
    Es ist schlimm, wenn Eltern heutzutage sich wegen so etwas hoch ziehen.Früher hatten viele Kinder laaange einen Schnuller.Viele jetzigen Eltern verblöden immer mehr.
    Soll sie am Finger lutschen?
    Wenn ein Kind heute mit vielleicht 8 Jahren raucht, Handy süchtig ist, oder anderes, sagt niemand etwas.
    Ist so was normal?
    Denkt mal drüber nach.danke

  2. Hallo Lisa.
    Ich finde es so toll und richtig wie du reagiert hast in der Situation auf der Feier, was du deiner Tochter gesagt hast! und auch der Oma 😉
    Der Link für die Schnuller wäre toll 🙂
    Meine Tochter wird bald drei und hat auch noch ihren Schnuller und bin jetzt im Bedrängnis von außen, ihr diesen abzugewöhnen. Ich glaube jedoch ebenfalls, dass sie so selbstbewusst ist wie sie ist, weil sie zb auch bei mir im Bett schläft und die Sicherheit hat, immer ernst und wichtig genommen zu werden. Das ist für mich kein „verziehen“ sondern Liebe und Geborgenheit. Du machst alles richtig. Immer auf das eigene Gefühl hören als Mama leitet einen zum richtigen Handeln. Liebe Grüße aus Düsseldorf

  3. Danke für diesen Artikel. Ich habe meinem Sohn den Schnuller mit 3 angewöhnt, aber er hätte ihn gerne wieder. Er hat ein großes Bedürfnis zu mündeln und hat oft die Jackenzipfel oder ähnliches im Mund. Er ist immer ganz traurig, wenn sein kleiner Bruder neue Schnuller bekommt, aber er nicht. Mich interessiert der genannte Schnuller auch sehr, da meine Kinder auch Probleme mit den Zähnen haben und ich Angst vor dem Daumen habe.

  4. Ich sehe das genauso wie du, ich habe Zwillinge und eine davon ist jetzt auch seit zwei Monaten 5 und nimmt immer noch ihren Schnuller. Eigentlich hatte sie beschlossen ihn mit vier wegzuschmeißen, an ihrem vierten Geburtstag jedoch verkündet, dass sie den Schnulli am 5. Geburtstag wegwerfen wird . Irgenwann hat sie von sich aus für 2-3 Tage gesagt dass sie ihn wegschmeißen wird und es sogar getan. Danach wollte sie aber wieder ein haben und ich hatte ihn zum Glück aus dem Müll wieder herausgenommen und konnte ihn ihr wieder zurückgeben. Nun hat sie verkündet, dass sie ihn mit sechs Jahren wegschmeißen wird wenn sie in die Schule kommt. Ich bin gespannt. Bei ihr ist es jedoch ähnlich wie bei deiner Tochter, dass sie, wenn sie ihn nicht hat in der Nacht häufig aufwacht und weint. Sie hat auch ein extremes Kuschelbedürfnis und kommt so auch ganz oft auf den Schoß und will kuscheln. Mit dem Familienbett ist es bei uns das gleiche wie bei euch. Die Babybetten konnte ich bei allen drei Kindern unbenutzt wieder verkaufen… Auch jetzt ist es immer noch so, dass wir ein großes Familienbett im Zimmer von den Zwillingen haben. Mittlerweile ist es so, dass ich ihre innere Zerrissenheit über die Benutzung ihre Schnullis deutlich wahrnehmen kann. Andere sollen und dürfen nämlich nicht wissen, dass sie ihn noch benutzt, das ist ihr unangenehm. Wenn ich das sehe, tut sie mir immer richtig leid. Daher ist es bei uns kein Thema, dass ich ihr den Schnuller irgendwann wegnehmen werde. Sie wird von alleine den Zeitpunkt bestimmen wann sie ihn nicht mehr brauchen wird .

    Es wäre klasse wenn du mir den Link für die kiefergerechte Schnullis zusenden könntest. Ganz liebe Grüße Bine

  5. Grüß Dich ,

    Super geschrieben !
    Ich hätte ich gerne den Link zum Schnuller , meine ist 4 und bald 5 und ich sehe es genau wie Du , Daumen hoch .
    Liebe Grüße Conny

  6. Du sprichst mir so aus der Seele! Ich kann das alles nicht mehr hören! Vor allem meine Tochter nicht mehr. Der Schnuller gibt ihr nachts einfach die nötige Sicherheit – auch wenn ich die ganze Nacht daneben liege ich brauche bitte auch den Schnuller Link! Danke für den Beitrag!

  7. Danke für die Ehrlichkeit und Ermutigung! Mein Sohn ist bald 5 und benutzt noch den Schnuller, Ich habe schon vor 2 Jahren geschafft, dass er den Schnulli nut Nachts benutzt. Seit dann haben wir mehrmals versucht den Ding wegzuschaffen, aber es geht einfach nicht ohne – er wacht öftermals jede Nacht auf, ohne Schnuller schläft er nicht alleine wieder ein. Er hat auch Jahrelang bei uns im Bett geschlafen, aber als wir sein Zimmer renovierten (und ich nicht mehr gut schlafen konnte, wenn er bei uns schlief), zog er in sein eigenes Bett. Zum Glück habe ich eine Zahnärztin vor Ort gefunden, die nicht radikal gegen Schnuller ist – wir benutzen ein Kieferfreundlichen aus der Apotheke, wurde aber gerne den Link zum speziellen Schnuller haben, da mein Sohn ein bisschen offenes Gebiss hat. Während den Tag kaut er an seine Jacke oder Pulli, und wenn er krank ist oder im Kindergarten was los war, braucht er wieder eine Flasche – also, Saugbedürfnis ist noch hoch.

  8. Hi Lisa,

    Ich feier dich für diesen Beitrag. Viel denken es, die wenigsten sagen es. Und du triffst den Nagel auf den Kopf.
    Als ich geboren wurde, war stillen verpönt, Pucken das schlimmste was man machen kann. Als mein Sohn auf die Welt kam war stillen das absolute Muss und Pucken das A und O. Ich hatte nie einen Schnuller, aber eine Zahnspange. Habe ich eine Brille weil ich zu wenig Karotten gegessen habe? Hmmm…. Muss da Mal recherchieren. Nicht das meine Kids auf Grund meiner Unwissenheit gestraft werden. Spaß bei Seite. Wenn die Kinder glücklich sind sind wir Eltern es auch, wenn die Eltern glücklich sind, sind die Kinder es auch. Es geht nicht um richtig oder falsch, es geht um ein gutes Gefühl, oder ein schlechtes. Jedes Kind ist anders, jeder Mensch ist anders und ein Dogma hat immer mehr Schaden als Nutzen generiert. Man erzieht mit Intuition nicht mit „so hätte ich es gerne“. Auch habe ich noch nie einen 14jährigen bzw. Jährige mit Schnulli gesehen. Meine Sohnemann hat seinen Schnuller nur zu Hause. Draussen ist das ja „peinlich“ ( wird amüsanterweise von unsere Gesellschaft an ihn rangetragen, nicht von uns Eltern). Lange Rede gar kein Sinn. Spätestens wenn meine Kinder mit der ersten Liebe anbandeln wird das Thema sich von alleine erledigen.
    Dir liebe Lisa aufjedefall herzlichen Dank für diesen offenen, ehrlichen und authentischen Beitrag

    Grüße
    Jörg

  9. Hallo, der Beitrag ist zwar schon ein paar Tage alt aber spricht mir aus der Seele.
    Hättest du den Schnuller Link auch für mich beziehungsweise meine Maus?
    Lg

  10. Hallo,
    danke für den tollen Artikel. Meine Tochter ist auch fünf und kann ohne ihren Nuckel nicht schlafen. Mein Mann und ich leben getrennt und er war der Meinung ihr den Nuckel abgewöhnen zu müssen. Er hat mich vor vollendete Tatsachen gestellt und meine Tochter hat es bei mir genau eine Woche ausgehalten. Schlafstörungen und Angst vorm schlafen gehen an der Tagesordnung. Ich konnte es nicht mitansehen und habe ihr den Nuckel wiedergegeben. Nun hat sie ihn bei mir und wenn sie bei ihrem Vater ist nicht. Mittlerweile habe ich das Gefühl sie will nicht mehr so gern bei ihm schlafen. Wenn ich ihn sehe werde ich mit ihm sprechen und den Nuckel wieder mitgeben. Was soll diese Zwangsentwöhnung? Das ist so ein unsagbarer Stress für die Kleinen!

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