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Ein Gastbeitrag von Anna-Lena aus Kaiserslautern.

Mein kleiner Lockenkopf,

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Ich kann mich genau an den Moment erinnern, als dein Schicksal besiegelt wurde. Du warst noch nicht mal geboren. Es war am Tag meines zweiten großen Ultraschalls, dein Papa und ich warteten im Wartezimmer darauf, endlich aufgerufen zu werden. Ich wünschte mir so sehr ein Mädchen. Dein Papa hoffte auf einen Jungen. Ich erinnere mich noch ganz genau daran, dass ich zu deinem Vater gesagt habe, dass dies das letzte Mal sein würde, dass wir eines unserer Babys auf dem Ultraschallmonitor erleben werden. Er sagte nur: „Warum muss es das letzte Mal sein?“(Sein Grinsen verriet mir seine Gedanken)

In genau diesem Moment beschlossen wir, dass wir irgendwann noch ein drittes Kind bekommen wollen und du, meine Süße, würdest in der Reihe nicht die Letzte sondern die Zweitgeborene sein.

Jahre später, als du kaum zwei Jahre alt warst und gerade erst anfingst, dich selbst zu finden, wurdest du nicht nur zu unserem mittleren Kind, sondern auch zu einer „mittleren Schwester“. Demnach war es dein Schicksal, nie das größte und auch nie das kleinste Kind sein zu können. Du würdest immer mit einer deiner Schwestern, als eine der beiden großen Mädchen in einen Topf geworfen werden.

Ich kannte die angespannte Lage, in der du dich befindest, ich war allerdings machtlos, sie ändern zu können. Dir wurde immer gesagt, dass du warten sollst, während ich das Baby füttere. Dann wurde dir gesagt, dass du dich beeilen sollst, damit deine älteste Schwester pünktlich zum Kindergarten kommt. Du wurdest häufig viel zu früh ins Bett gebracht, damit ich wenigstens einen Moment lang Ruhe haben konnte.

Jetzt im Alter von drei Jahren bist zu einer unabhängigen, willensstarken, phantasievollen und sturen kleinen Person herangewachsen. Du bist nahezu immun gegen jegliche Art von Drohung oder Bestechung. Die Aussicht auf das Verbot von Süßigkeiten, Fernsehen oder Spielzeug bedeutet dir rein gar nichts, und somit ist es verdammt schwierig, dir etwas beizubringen. Das Einzige, was du dir immer wünschst, ist das, was mir am schwersten fällt: Meine volle, ungeteilte Aufmerksamkeit. Das ist so verdammt schwierig, denn neben drei Kindern muss ich auch noch einen Haushalt führen. Schwierig, weil du immer ganz besonders komplizierte, ausgedachte Spiele spielen willst, die ich immer falsch verstehe, weil du die Spielregeln ständig veränderst.

Du kennst das Gefühl nicht, wie es ist, wenn man immer die Älteste ist und wie es ist, wenn man immer „das Baby“ ist. Du bist unsere Mitte, und genau wie ein Schinken-Salat-Sandwich ohne Salat wäre diese Familie nicht komplett ohne ihre Mitte. Du musst du selbst sein, und was auch immer das sein mag: Du bist genau richtig so, wie du bist. Ich werde mein Bestes geben, um dich nie mit den anderen Mädchen zu vergleichen. Ich werde wahrscheinlich scheitern, aber ich verspreche dir, stets mein Bestes zu geben.

Ich beobachte dich dabei, wie du in verschiedene Rollen schlüpfst und so versuchst, meine Aufmerksamkeit zu erregen: Das unartige Mädchen, das die ältere Schwester ärgert, bis sie frustriert um sich schlägt, oder das freche Mädchen, das das Baby absichtlich umschubst. Ich sehe, wie du versuchst, das süße Mädchen zu sein – du kommst immer zu mir, um mir zu jeder Tages- und Nachtzeit zu sagen, dass du mich unendlich lieb hast, dabei klimperst du mit deinen langen Wimpern und verziehst deinen kleinen Mund zu einem Kussmund. Ich beobachte dich dabei, wie du versuchst, ein Baby zu sein, indem du plötzlich wieder mit einer Babystimme sprichst, Windeln haben möchtest und so deine kleine Schwester kopierst.

Bitte versuche nicht dein Leben lang, jemand zu sein, der du nicht bist. Das ist verdammt anstrengend. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass du deine Zeit und Energie darauf verwenden solltest, herauszufinden, wer du eigentlich bist. Hier kommt eine wirklich wichtige Lektion: Wenn die Menschen dich wirklich lieben, werden sie dich so akzeptieren und lieben, wie du eben bist. Wenn jemand sagt, dass er dich liebt, weil du schlank oder schlau bist, oder weil du so schönes lockiges Haar hast, dann liebt er dich nicht wirklich. Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu erkennen, dass ich es wert bin, trotz meiner Fehler geliebt zu werden.

Es ist so ein befreiendes Gefühl, sich mit seinem Körper anzufreunden und man selbst sein zu können und trotzdem geliebt zu werden. Für dich mag es schwer gewesen sein, weil du immer die „Mitte“ bist, aber ich glaube ganz fest daran, dass uns im Leben nie mehr zugemutet wird, als wir bewältigen können. Kümmere dich nicht darum, dass du niemals weder die Älteste noch die Jüngste sein wirst. Sieh dich stattdessen immer als die große einer kleineren Schwester. Deine Schwestern können keine so vielfältige und wichtige Rolle beanspruchen; Sie werden nie den Schutz einer großen Schwester spüren und gleichzeitig die Möglichkeit haben, der kleinen Schwester Dinge beibringen zu können.

Die Leute, die behaupten, dass das Leben der Mittleren immer am anstrengendsten ist, vergessen dabei nur zu gerne, dass es auch blöd sein kann, IMMER die Älteste oder das Nesthäkchen sein zu müssen. Ich gehe sogar noch weiter und sage; Du hast immer jemand anderen, der den Weg für dich ebnet und die Kämpfe mit deinen Eltern austrägt, während ein anderer wiederum, die Last der Sorgen um das leere Nest tragen muss. Davon mal ganz abgesehen, erwarte ich von dir gar nicht, dass du so bist, wie deine Schwestern. Ich sehe das Feuer in dir und weiß, dass du deinen eigenen Weg gehen wirst, trotz, oder vielleicht gerade wegen deines Platzes in der Mitte.

Ich habe immer gesagt, wenn Geld keine Rolle spielen würde, würde ich mir lediglich zwei Dinge im Leben wünschen: Jemand, der immer die Betten bezieht und die Wäsche macht und jemand, der mir jeden Tag schöne frische Sandwiches mit einer Vielzahl von exotischen Füllungen serviert.

Hey, liebe Mamis, umarmt euer mittleres Kind, denn jeden Tag ihres Lebens werden Sie von den frischen Laken ihrer Schwestern umgeben sein, die sie vor der Welt schützen, aber sie werden auch immer die exotische Füllung in unserem Familien-Sandwich sein, die unser Leben interessanter und aufregender macht.

Vielleicht habe ich es mit diesem Vergleich ein wenig zu weit getrieben, aber ich hoffe, du verstehst, was ich damit sagen will.

So und jetzt habe ich Hunger.

Danke, dass du meine Tochter bist, kleiner Lockenschopf. Was auch immer dein Platz in dieser Familie ist, du passt perfekt zu mir und ich werde dich immer lieben.

In Liebe,
Mama

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