Hier schreibt Bens Mama, Grundschullehrerin und Mama.
Für Eltern und Lehrer/Erzieher gilt ein Elternabend immer als Austausch und Informationsweitergabe.
Man klärt, welche Eltern als Elternrat Lehrer und Eltern unterstützen und als Vermittler dienen. Außerdem bestimmt man die Konferenzvertreter, welche in Zeugniskonferenzen dabei sind (auch der Elternrat kann dafür mit bestimmt werden).
Viele verschiedene Fragen können geklärt werden und der Elternabend kann ein Austausch zwischen den Eltern und auch zwischen Eltern und Lehrern sein. Hierbei ist wichtig, dass man sich gegenseitig aussprechen lässt und zuhört.
Vieles kann und sollte geklärt werden, doch gilt es dabei nicht darum:
a) eine individuelle Frage zu EINEM Kind zu klären
b) als Elternteil zu erläutern wie das eigene Kind doch das und das macht.
Ich habe jetzt meinen sechsten Elternabend hinter mich gebracht und kann nur sagen: es ist immer dasselbe. DIE Eltern, die immer ihren Kindern die Schuld geben wenn das Kind den Anfang des Unterrichtstages verpasst, sind auch DIE Eltern, welche zum Elternabend zu spät kommen.
Wir Lehrer dürfen dann weder lachen NOCH schmunzeln, NOCH etwas dazu sagen.
Die Eltern, welche sich herzlich wenig für die Materialien/Termine innerhalb der Schule interessieren und seit der Einschulung nicht mehr in der Schule zu sehen waren. Die Eltern welche alle Zettel viel zu spät abgeben und Geld oder Unterschriften nur nach mehrmaliger Aufforderung, Info im Hausaufgabenheft und persönlicher Bitte am Telefon doch bitte nach drei Monaten den Betrag zu bezahlen/die Unterschrift zu leisten, sind auch die Eltern, welche nicht zum Elternabend erscheinen. Auch hier dürfen wir natürlich KEINE Miene verziehen und gehen nicht weiter auf diejenigen ein, die leider nicht kommen, auch wenn wir mit ihnen eventuell persönlich noch viel mehr besprechen müssten.
Sind also alle da, die auch da sein wollen, kann es losgehen, denkt man. Leider sind aber genau DIE Eltern, wessen Kinder relativ laut sind und sich nicht an Gesprächsregeln halten auch DIEJENIGEN welche die ganze Zeit quatschen… mit den Lehrern, mit den Eltern ach oder mit dem Handy, auch nett.
Mein bisheriges Highlight war die Mama, welche alle Anrufe die ganze Zeit weggedrückt hat und sich nach viermal entschuldigt hat, dass ihr stark dementer Papa auf den aktiven Sohn aufpasst und wohl nicht mehr klarkommt. Habe sie dann entschuldigt und gebeten, sie möge lieber zu ihrem Sohn gehen…. Desweiteren habe ich erklärt, dass Kinder auf Elternabenden, wenn keine Betreuung möglich ist, gern mitkommen dürfen.
Prinzipiell wollen wir Lehrer dasselbe wie die Eltern, das Beste für das Kind. Was das Beste (neben Regeln und Routinen) ist, wissen Eltern eigentlich besser, als die Lehrer. Manchmal wollen wir aber auch gemeinsam mit allen Eltern Alternativen finden.
Wir wollen sie ab und zu von den Eltern „entführen“ oder die Kinder den Eltern „entziehen“. Wir nennen das Klassenfahrt, für die Eltern ist es oft Kindeswohlgefährdung, ihr dürft trotzdem leider nicht mitkommen liebe Eltern. Wir fragen aber öfters, wo es denn hingehen darf. Nicht zu weit weg natürlich und nicht zu lange. Auch sowas wird gern und lange auf Elternabenden geklärt, wobei Eltern oft sehr auseinanderdriftende Meinungen dazu haben.
Bestenfalls sitzt man fröhlich zusammen, quatscht informativ über die Klasse, Klassenregeln, Mappenordnungen und Neuigkeiten, tauscht sich aus und erfährt Vieles, was man vorher nicht wusste oder auch nicht wissen wollte.
Manchmal erzählen Eltern allerdings auch von ihrem Kind, ihren Eindrücken und Problemen. Sie erläutern was ihr Kind besonders gut kann, worüber es sich freut ggf. warum es sich ärgert, wer das Kind ärgert oder welche Lehrer absolut ungeeignet sind, das eigene Kind zu unterrichten. Manche Eltern pflichten bei, viele schweigen und schauen betreten zu ihren Füßen, andere rümpfen die Nase oder ziehen ihren Mund schief, manchmal auch beides, gleichzeitig.
Für persönliche Belange bitten wir immer einen eigenen, persönlichen Termin zu machen.
Die Lehrer, die natürlich sehr viel Geld bekommen und jeden Nachmittag frei haben, haben neben den 28 Schulstunden (Grundschule) Unterricht plus Vorbereitungen, auch ca. 5 Stunden Dienstbesprechung pro Monat.
Wir haben verschiedenste Elterngespräche, die SEHR gern kurz vor der ersten Stunde geführt werden oder direkt nach dem Unterricht, obwohl wir unser Kind vom Kindergarten holen müssten und uns niemand nach einem Gespräch gefragt hat. Gern einen Termin machen, wir bestätigen diesen dann und nehmen uns Zeit.
Wir schreiben ca 36 Stunden pro Halbjahr an den Zeugnissen der Klasse (ca 2 Stunden pro Zeugnis), haben Zeugniskonferenzen, Fortbildungen, Elternsprechtage, Elternabende, Gepräche mit dem Elternrat, Fachkonferenzen, Gesamtkonferenzen und KEINE Pausen vormittags, da wir entweder mit Gesprächen über Schüler, Lehrer oder Unterricht sowie Pausenaufsichten zu tun haben, aber wisst ihr was? Die Meisten von uns machen diese Arbeit verdammt gern.
Wir kümmern uns um mobbende und gemobbte Schüler, denen die Hautfarbe (auch auf Fotos) übrigens scheiß egal ist, die die Hautfarben nicht mal UNTERSCHEIDEN. Wir kümmern uns um Eltern, die Sorgen haben und um Eltern, die sich nicht sorgen und wir wollen informieren. Zum Beispiel informieren wir auf Elternabenden.
Am allerliebsten aber unterrichten wir.
Irgendwann letztes Halbjahr habe ich geweint (nach der Schule, nicht vor dem Kind), weil ein Junge aus der ersten Klasse lesen üben sollte. Das machen wir Lehrer gern unter Anderem mit Silben:
Mi Mi
Ma Ma
Hörte sich so an:
Schüler: Miiii (Pause) Miiiii
Ich: Lies mal direkt nacheinander. (Tippe auf die Silben)
Schüler: Miiimiiii
Ich: Prima, weiter…
Schüler Maaa (Pause) Maaa
Ich: Lies wieder direkt nacheinander, wie eben.
Schüler: Maamaa, Mamaaa, Mama?, Mama! Frau X da steht ja MAMA!!!
Ich: Ja, du hast das Wort Mama gelesen (weine nicht, sonst denkt er du weinst weil er was falsch gemacht hat, blinzel alles weg, er macht das so toll und er freut sich so sehr.)
Schüler: Ich habe Mama gelesen, Mama, Mama, ich kann lesen, ich kann lesen. (Nimmt mich in den Arm)
Das war nicht der einzige wunderschöne aber der bisher wunderschönste Moment meiner Laufbahn als Lehrerin. Für meine Schüler bleib ich gern länger in der Schule, telefoniere mit Jugendämtern, Freizeitheimen etc. Ich liebe den Austausch mit Kollegen und die Bandbreite meines Berufes. JA, auch Elternabende finde ich amüsant und informativ, allerdings werden die niemals zu den schönsten Aufgaben gehören, denn es gibt solche und solche… (Eltern, Lehrer, Schüler, Liste beliebig fortsetzen…).
Bis zum nächsten Elternabend, zu dem ich persönlich mit Brief und Schnipsel zum Zurückgeben, einladen werde.
Bis dahin bin ich auch noch
Bens Mama