Mein Name ist Isabelle, ich komme aus Hamburg und schreibe gerne. Dieses Thema lag mir schon lange auf der Seele…….
Meine 6-jährige Tochter wurde letzte Woche zu ihrer ersten Baby-Shower Party eingeladen. Ein Freund von uns erwartet ein kleines Mädchen, und Kinder waren auf der Party sehr willkommen, sehr zur Freude meines Kindergartenkindes. Von der rosa Dekoration und dem Süßigkeitenbuffet war sie natürlich besonders begeistert. Auf dem Heimweg beschäftigten sie einige Fragen.
„Mama, wenn noch mal jemand ein Baby bekommt, gehen wir dann wieder zu einer Baby-Party?“, wollte sie wissen.
„Ich denke schon. Jedes Baby sollte gefeiert werden „, sagte ich.
„Außerdem sollte man zu allen Partys gehen, wo es Kuchen gibt.“
„Kriegst du auch noch ein Baby, Mama?“
Ich erklärte ihr, dass unsere Familienplanung abgeschlossen sei und plötzlich fing sie an über ihre eigene zukünftige Familie nachzudenken.
„Es ist mir egal, ob ich einen Jungen oder ein Mädchen kriege. Ich wünsche mir nur, dass das Baby gesund ist „, kündigte sie an.
Als ich schwanger, sagte ich damals genau dasselbe, mindestens 619 Mal. Alle Freunde und Bekannte fragten mich permanent, ob ich mir einen Jungen oder ein Mädchen wünschen würde, und ich antwortete stets „So lange es gesund ist, ist mir das total egal“. Ehrlich gesagt habe ich genau die Antwort gegeben, die unsere Gesellschaft erwartet, obwohl ich insgeheim vielleicht doch eine genauere Wunschvorstellung von dem Kind hatte.
Wahrscheinlich plapperte meine Tochter nur das nach, was sie selbst immer von anderen werdenden Eltern gehört hatte. Sie bekam mit, dass Eltern zwar begeistert darüber waren, dass ihr Baby ein Mädchen geworden ist, aber gleichzeitig stand die Gesundheit des Kindes ganz klar im Vordergrund. Irgendwie kamen diese gesprochenen Worte meiner Tochter ganz anders bei mir an, als wenn sie ein Erwachsener sagt. Die Worte meiner Tochter machten mir in dem Moment klar, dass ich eigentlich immer falsch geantwortet habe.
Wir wollen nicht für undankbar gehalten werden, indem wir die Gechlechterfrage nie wirklich ehrlich beantworten. Wir scheuen uns vor den Reaktionen der Leute. Ich meine, was wäre wenn ich einen Jungen bekommen hätte und jedem aber vorher gesagt hätte, ich hätte mir eigentlich lieber ein Mädchen gewünscht? Würde das dann bedeuten, dass ich enttäuscht wäre von dem Menschen, den ich neun Monate lang unter meinem Herzen trug? Würde das bedeuten, dass ich einen Jungen vielleicht weniger lieben würde, als ein Mädchen? Alle werdenden Eltern rasten förmlich aus, wenn sie ihre Schwangerschaft verkünden dürfen, aber wenn es um die Geschlechterfrage geht, kommt lediglich ein nüchternes „Es ist mir egal, solange es gesund ist“ dabei raus.
Die Realität ist doch, dass wir uns alle insgeheim das „perfekte Baby“ wünschen und das wir hoffen und bangen, dass das Kind gesund auf die Welt kommt – Dennoch gibt es Fälle, wo genau das nicht passiert. Die Eltern sind sehr wohl am Boden zerstört, wenn das Kind mit einer Einschränkung geboren wird. Ich kenne sowohl Familien mit gesund geborenen Kindern, als auch Familien mit Kindern, die nicht gesund auf die Welt kamen. Wenn ich mich in die Lage der Eltern mit kranken Kindern hinein versetze, die auch immer gesagt haben, dass sie sich ein „hauptsache gesundes“ Baby gewünscht hätten, dann ist das doch zum einen ziemlich traurig und zum anderen auch schlichtweg unrealistisch.
Wir wünschen uns so viel mehr als „NUR ein gesundes Baby!“
Ich habe noch nie Eltern eines Kindes mit besonderen Bedürfnissen erlebt, die nicht auch komplett dankbar und total verliebt ins Baby sind, wie jeder andere auch. Ich habe noch nie von Eltern gehört, das diese ihren kleinen Sohn oder ihre Tochter weniger lieben“, nur weil sie nicht „gesund“ auf die Welt kamen.
Warum sagen wir also immer, dass alles, was wir uns wünschen, lediglich ein gesundes Kind ist?
Ich denke, das, was die Leute damit sagen wollen, ist, dass sie sich wünschen, dass ihr Kind nicht leiden muss. Ich verstehe das total, denn die Vorstellung, dass meine Tochter Schmerzen erleiden muss, wäre unerträglich für mich. Wir wollen, dass unsere Kinder möglichst NIEMALS Schmerzen erleiden müssen, so unrealistisch das auch sein mag.
Wenn Eltern also sagen, dass sie sich nur ein gesundes Baby wünschen, dann schliessen wir damit alle Eltern aus, die dennoch mit einem kranken Kind sehr glücklich sind. Sie lieben ihr Kind genauso, wie wenn es gesund wäre. Wir sollten diese Menschen mit unserer Aussage nicht verletzen oder ausschließen, wir sollten Vorbilder für eine neue Denkweise sein. Um nicht versehentlich das Falsche zu sagen, empfiehlt sich eine ganz andere Sichtweise:
„Ich wünsche mir das Kind, dass das Leben mir schenkt. Bedingungslos.“
Das ist so viel freundlicher, so viel genauer und so viel umfassender. Wenn wir sagen: „Ich wünsche mir das Kind, dass das Leben mir schenkt!“ dann schließen wir damit niemanden aus, wir sind offen für alle Formen des Lebens. Unsere Worte sind von Liebe, Akzeptanz und Dankbarkeit gekennzeichnet. Mit diesem kleinen Satz stoßen wir Eltern, die vielleicht ein krankes Baby austragen, nicht mehr vor den Kopf.
Wenn wir sagen: „Ich wünsche mir das Kind, das das Leben mir schenkt.“, dann nehmen wir es bedingungslos an. Wir zeigen damit, dass wir das Kind bedingungslos lieben werden. Ich will ihn, ich will genau sie. Ich möchte genau diesen kleinen Menschen in seinem vorbestimmten Körper haben, mit seinem einzigartigen Geist und all den Macken, die ihm zugedacht sind. Ich will genau dieses Kind mit all seinen Herausforderungen, Ecken und Kanten und ich werde nie aufhören es bedingungslos zu lieben. Ich bin unendlich dankbar, dass ich dieses Leben begleiten darf.
„Süße“, sagte ich zu meiner Tochter, auf dem Heimweg von der Party, „Würdest du dein Baby denn weniger lieben, wenn es krank wäre?“
„Natürlich nicht!“, sagte sie und lachte über diese Frage.
„Denkst du, ich hätte dich nicht gewollt, wenn du krank wärst? Niemals. Ich liebe dich genauso, wie du bist. Bedingungslos „, sagte ich ihr.
„Ich werde meine Kinder auch genauso lieben“, sagte sie.
Ich erklärte ihr, dass nicht alle Babys gesund auf die Welt kommen. Das Leben dieser Familien ist vielleicht anders, aber dadurch nicht weniger Wert. Eltern sind immer dankbar für ihre Kinder, auch wenn ihre Kinder nicht der Norm entsprechen. Kein Leben ist eine Enttäuschung.
„Jedes Baby sollte gefeiert werden, richtig, Mama?“
„Richtig“, sagte ich.
„Mit Kuchen“, fügte sie hinzu.
„Mit Kuchen“, bestätigte ich.