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Maria schreibt über ihr Leben mit Luis, einem Jungen, der ADHS hat.

Bevor wir die Diagnose ADHS erhielten, wusste ich quasi nichts darüber! (Ich weiß. Unglaublich, aber wahr!) Ich dachte, dass es sich eher nun ein Disziplinproblem handelt oder das ADHS die Folge einer zu lockeren Erziehungsform ist.

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Dann wurde mein erster Sohn geboren – Luis- ein übermütiger, aktiver Wirbelwind. Er schlief, bis er fünf Jahre alt war, quasi keine Nacht durch. Er fiel dadurch auf, dass er unfassbar wissbegierig war. Er weckte uns gerne mal nachts um drei, um uns gefühlte 100 Fragen zu Tierwelt, Dinosauriern oder sonst was zu stellen. Uns war schnell klar, dass er anscheinend sehr intelligent ist. Zudem war er schon sehr früh unfassbar neugierig und ich konnte ihn neulich gerade noch davon abhalten, einen Frosch zu sezieren. Er wollte ihn aufschneiden. Auf unserem Küchentisch!!!

Als er eingeschult wurde, kam er zunächst gut mit. Im Laufe der Zeit behinderte ihn sein stetiger Energiepegel aber zusehends. Seine Noten wurden schlechter und sein Interesse am Lernen nahm ab, er mutierte plötzlich zum sogenannten Klassenclown. Hilflos schauten wir mit an, wie sein großes Potential immer mehr schrumpfte. Als er dann offiziell mit ADHS diagnostiziert wurde, war es sowohl eine Erleichterung (wir waren also doch keine schlechten Eltern!!!), als auch eine große Sorgen (was zur Hölle machen wir jetzt ?!).

Ein Kind aufzuziehen, ist an sich schon schwer genug. Ein Kind mit ADHS zu erziehen, ist wie wie ein Duracell Häschen zu erziehen. Für ADHS-Eltern ist der tägliche Kampf allgegenwärtig und deswegen habe ich hier 12 Wahrheiten aufgelistet, damit wir Eltern von ADHS Kindern vielleicht etwas besser verstanden werden:

1. ADHS Eltern haben ALLE Bücher über ADHS gelesen! ALLE! 
Wir ADHS Eltern haben eine Bibliothek an Ratgebern in unseren Bücherschränken. Wir haben nahezu ein komplettes Studium absolviert und jeden Vorschlag ausprobiert: Diäten, strenge Zeitpläne, natürliche Nahrungsergänzungen…. und..und..und…..DENN…

2. ADHS Eltern haben Angst vor Medikamenten! 
Einige Leute schwören auf ADHS Medikamente. Aber dann gibt es die Neinsager, die Skeptiker, diejenigen, die uns sagen, dass Medikamente eine „schwache“ Lösung sind, diejenigen, die uns dann sagen, wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, ob wir unsere Kinder mit DROGEN vollstopfen wollen!?! Diese Stimmen werden immer lauter und bedrohlicher, das macht die Sache mit der Entscheidung also nicht leichter. Das wiederum hat zur Folge, dass….

3.ADHS Eltern bekommen Tonnen von gut gemeinten, aber völlig unaufgeforderten Ratschlägen.
Wenn Leute herausfinden, dass ihr ein Kind mit ADHS zuhause habt, kommen plötzlich nur noch Experten aus ihren Löchern gekrochen und wollen euch mitteilen, wie ihr eurem Kind bei der Bewältigung seiner ADHS helfen könnt. „Versuch es mal mit einem Chiropraktiker!“, Werden sie vorschlagen und so tun, als sei ihre Meinung die ultimative Lösung für eure Probleme. „Hast du schon rote Lebensmittelfarbe aus seinen Zellen ausgeschlichen??“ „Du musst Milch und Hefe aus seiner Ernährung streichen.“ „Alles, was du tun musst, ist, ihn in fettarmer Milch zu baden und dann am Vollmond nackt zu tanzen, dich genau 800 mal gen Mond im Kreis zu drehen und dann auf dein Kind zu spucken, wenn er schläft! Klappt wunderbar!“

4. ADHS Eltern leiden unter massiven Selbstzweifeln.
Wir Eltern mit einem ADHS Kind fragen uns unentwegt, ob wir uns richtig entschieden haben. Diese ganzen Behandlungsmöglichkeiten lassen uns kaum ruhig schlafen……

5. ADHS Eltern haben gelernt, wie man mit „wertenden“ Menschen umgeht 
Egal, wie ihr euch letztendlich entscheidet, irgendjemand hat immer etwas dazu zu sagen, und ihr entwickelt eine ziemlich dicke Haut. Diese Menschen beurteilen nicht nur eure Entscheidungen, nein, sie urteilen auch über euer Kind. Da ADHS nicht gerade ein sichtbares Leiden ist, erntest du oft böse Blicke, wenn es um das Verhalten deines Kindes geht. Denn…

6. Dein Kind ist manchmal „DAS Kind“.
ADHS Kinder können sich auch ganz normal benehmen, keine Sorge. Sie sind eben auch ganz normale Kinder. Impulsive Aktionen, emotionale Kernschmelzen und übertriebene Reaktionen werden leicht von der Öffentlichkeit mit „Ungezogenheit“ verwechselt. Das Problem an der Sache ist: Die Ausbrüche sind oft unberechenbar. Und egal, wie sehr ihr das Gefühl habt, alles unter Kontrolle zu haben: Es wird Zeiten geben, in denen das Verhalten eures Kindes euch innerlich zur Verzweiflung bringt. Z.B., bei folgender Veranstaltung:

7. ADHS Eltern fürchten Eltern-Lehrer-Konferenzen.
Als Elternteil eines ADHS Kindes hat man mehr Konferenzen, als alle anderen Eltern. Manche davon sind äußerst sinnvoll, wenn das Kind z.B. Fortschritte macht. Meistens jedoch geht es darum, dass euer Kind ständig kippelt, andere Kinder beschimpft oder grundsätzlich nicht aufpasst und demnach im Stoff nicht mitkommt. Jedes Elternteil eines ADHS Kindes,  weiß …

8. Ihr müsst viel wiederholen. GANZ VIEL!
Der Alltag mit deinem Kind besteht aus ganz vielen Wiederholungen („Zieh bitte die Socken an…..Die Socken…..Luis……Zieh dir bitte deine Socken an!“). Egal wie alt sie sind, selbst die einfachsten Aufgaben können sich für ihr zerstreutes Gehirn als schwierig erweisen. Du kannst sagen: „Zieh deine Socken an“, und er wird  fünf Minuten später mit lediglich einer Socke auftauchen, einem Stapel Pokémon-Karten oder einem Buch oder ein gar einem Sweatshirt, NUR nicht mit zwei Socken. Eine Socke ist auf dem Weg verloren gegangen. Es ist ein ewiger Kreislauf aus Wiederholungen und erneutem Vergessen. Daraus folgt: …

9. ADHS Eltern sind ab und an mal eifersüchtig auf Eltern mit „normalen“ Kindern. 
Ein Kind mit ADHS zu erziehen, ist äußerst anstrengend, und manchmal, wenn ihr unter der Last von entmutigenden Eltern-Lehrer-Konferenzen und einem Meer von Behandlungsmöglichkeiten nahezu zu ersticken droht und euch dabei permanent mit eurem zappeligen, vergesslichen Kind beschäftigen müsst, bekommt ihr dann und wann einen kurzen Anflug von Neid auf die Eltern, die das Gewicht dieser Dinge nicht tragen müssen. Wir ADHS Eltern fühlen uns alle so. Und du wirst oft wütend sein. Jedes Kind weiß, wie man die Knöpfe seiner Eltern drückt, aber ein Kind mit ADHS tut dies einfach häufiger, und es kann verdammt schwierig werden, nicht die Fassung zu verlieren. Manchmal fühlst du dich, als ob du nur noch aus Nörgeln und Tadeln bestehst, das ist ein echtes scheiß Gefühl…ABER…

10. Du verwandelst dich in eine totale „Löwen Mama“
Dein Kind ist vielleicht schwieriger zu händeln, als die meisten Anderen, und deine Geduld hängt vielleicht an einem seidenen Faden, aber du kennst auch das Kind hinter der ADHS. Du siehst das süße Wesen, die Verletzlichkeit, das große Potenzial deines Kindes immer noch, es wird lediglich getrübt. Wenn jemand das in Frage stellt oder dein Kind wie eine „ungezogene Göre“ behandelt, dann wirst du in Sekunden zu einer großen und starken LÖWEN MAMA! Du wirst zu dem lautstarken Anwalt deines Kindes!

Weil die schwierigste Sache ist……

11. Du bist untröstlich darüber, wie oft dein Kind falsch verstanden wird.
Für diejenigen, die nicht genug über ADHS wissen oder sich die Mühe nicht machen, dazuzulernen, für die wirkt dein wunderbares Kind einfach nur verhaltensauffällig. Für die Mitschüler in der Schule ist dein Kind oft einfach nervig. Dein Kind ist leicht manipulierbar, weil es ja auch dazu gehören will. Ohne Zweifel: Es ist schwer, ein Leben mit ADHS zu leben. Für uns Eltern gibt es nichts Schwierigeres, als zuzusehen, wie unsere Kinder mit etwas fertig werden müssen, was sich komplett unserer Kontrolle entzieht, besonders wenn wir uns gar nicht sicher sind, was wir dagegen tun sollen. Ihr wünscht euch, dass all die Lehrer und Klassenkameraden und alle Anderen das erstaunliche Kind jenseits der Krankheit sehen könnten. Leider tun das aber nur sehr wenige Leute.

Deshalb…

12. ADHS Eltern sind ungeheuer erleichtert, wenn Sie jemanden finden, der sie versteht.
Unter all den Menschen, die euer Kind falsch einschätzen, gibt es eine Handvoll Menschen, die es tatsächlich verstehen werden. Wenn du diese Leute findest, möchtest du sie  irgendwie „umarmen, bis ihnen schwindelig wird!“, weil du einfach so dankbar bist. Jemand zu finden, der dein Kind nicht verurteilt, jemand, der über seine Macken hinweg sieht, jemand, der weiß, wie sich das alles anfühlt, dieser Jemand wird dich fast zu Tränen rühren.

Es ist schwierig, ein Kind mit ADHS zu erziehen. Es ist dein Kind, du wirst es nicht weniger lieben. Du kannst die Dinge nicht ungeschehen machen. Jeder möchte dir seine Meinung aufzwingen. Manchmal fühlst du dich wie eine Insel – isoliert und einsam. Aber es gibt Menschen da draußen – sie sind unter uns – die genau wissen, wie du dich fühlst, weil auch sie die Sorge um diese schönen, komplizierten und außergewöhnlichen Seelen kennen.

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