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Wann genau sich Nadja Gläser das erste Mal völlig „ausgebrannt“ fühlte, kann sie im Nachhinein nicht mehr genau sagen. Als Eventmanagerin und Mutter einer 4-jährigen Tochter war sie es gewohnt, mit Hektik und Termindruck klarzukommen. „Ich habe den Stress immer als positiv empfunden“, sagt die 36-jährige. „Bei Herausforderungen bin ich eigentlich erst richtig aufgeblüht.“ Es war jedoch der Beginn ihrer Depression. 

Doch dann wurde ihr Team neu zusammengestellt. Wo vorher alle Hand in Hand gearbeitet hatten, kam es in dem neuen Team zu Konflikten. Nadja Gläser reagierte wie viele besonders pflichtbewusste und engagierte Menschen, indem sie noch mehr arbeitete und sich um ein positives Arbeitsklima bemühte. „Eigentlich hatte sich an den Aufgaben nichts geändert, aber plötzlich ging immer mehr schief und die ständigen Reibereien, das Kompetenzgerangel und die Schuldzuweisungen haben mich mehr belastet, als ich wahrhaben wollte.“ Zeit zum Durchatmen hatte sie auch nach Dienstschluss nicht
schließlich warteten da ihre 4-jährige Tochter Lena und die Organisation des Haushalts. „Ich habe nichts mehr gegessen, nicht mehr geschlafen und ich habe nichts mehr auf die Reihe bekommen“, erinnert sich Nadja Gläser. Das Schlimmste war: Sie sah keinen Ausweg, wie sie ihre Situation hätte verbessern können

Nichts geht mehr

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Aus diesem „Loch“ vermochte weder sie sich selbst noch ihr Mann Michael sie herauszuholen. Irgendwann ging gar nichts mehr. „Ich war nicht mehr in der Lage, morgens aufzustehen. Die Vorstellung, mich zu duschen und anzuziehen, erschien mir ebenso unvorstellbar wie die Besteigung des Mount Everest.“ Und endlich suchte Nadja Gläser professionelle Hilfe. Ihr Arzt diagnostizierte ein Erschöpfungssyndrom bzw. eine Überlastungsdepression und riet ihr eindringlich zu einer stationären Rehabilitation.

„Eine Rehabilitation habe ich gar nicht in Betracht gezogen, weil ich nicht wusste, wer sich nachmittags nach dem Kindergarten um mein Kind hätte kümmern können, mein Mann arbeitet ja immer recht lange“, erzählt Nadja Gläser. Organisiert hat das dann alles ihr Ehemann. Sie selbst sei auch dazu nicht in der Lage gewesen, meint Nadja Gläser. Er war es auch, der bei der Recherche nach einer geeigneten Klinik auf die Ostseeklinik Kühlungsborn stieß. Das frauenspezifische Therapiekonzept, das die Begleitung des Kindes mit einschließt, überzeugte auch Nadja Gläsers Arzt, der eine Rehabilitation beantragte.

Die Ostseeklinik Kühlungsborn hat sich auf die Behandlung von Patientinnen mit psychosomatischen Krankheitsbildern spezialisiert. „Die Ursachen für psychosomatische Erkrankungen von Frauen sind vielfältig und neben ihrer individuellen Lebensgeschichte und den spezifischen somatischen Aspekten stark von gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen und Wertungen abhängig“, weiß Ilona Zuzok, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Chefärztin der Fachabteilung Psychosomatik. Um Müttern die Möglichkeit zu geben, ihr Kind in die Rehabilitation mitzunehmen, steht in der Ostseeklinik ein umfassendes Betreuungsangebot im klinikeigenen Kindergarten und der Schule bereit. Untergebracht sind Mütter mit ihren Kindern in familiengerechten Appartements mit eigenem Kinderschlafzimmer und Pantryküche.

Die Balance finden

„Aufgrund des komplexen Ursachengeflechts einer psychosomatischen Erkrankung ist es wichtig, neben den psychischen Symptomen auch die körperlichen Ursachen in die Behandlung mit einzubeziehen“, erklärt die Psychiaterin. Das gilt auch für Patienten wie Nadja Gläser, die an einer Belastungsdepression leiden. Nur wenn sie lernen, Warnzeichen ihres Körpers und ihrer Seele zukünftig rechtzeitig wahrzunehmen und eine Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu finden, können sie die Erkrankung auch langfristig bewältigen.

Davon war Nadja Gläser in den ersten Tagen in der Ostseeklinik Kühlungsborn noch weit entfernt. „Mir war alles zu viel“, erinnert sie sich. „Gott sei Dank hat sich meine Tochter von Anfang an in der Kinderbetreuung der Klinik wohlgefühlt, so dass ich etwas Zeit für mich hatte.“ Doch nach ein paar Tagen zeigte die Kombination aus Entspannungstherapie und intensiver psychologischer Betreuung Wirkung. „Stress beginnt im Kopf“, erläutert die leitende Oberärztin Dr. Sommer, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. „Denn letztendlich entscheidet die Psyche, ob wir eine Herausforderung als positiv (Eustress) oder negativ (Distress) empfinden. Eustress beflügelt, spornt zu Höchstleistungen an und wird nach getaner Arbeit als Erfolg bewertet, was zu einer Entspannung führt. Distress hingegen wird als belastend und überfordernd empfunden. Eine Anforderung kann dadurch schlechter bewältigt werden. Dieser Misserfolg wird dann oftmals von Selbstvorwürfen begleitet, was ein Abklingen der Anspannung erschwert.“

Wer welche Situation als Eustress oder Distress bewertet, ist äußerst unterschiedlich. Während die einen eine Prüfungssituation als anregend empfinden und so besonders leistungsfähig und wach sind, erleben andere einen regelrechten Blackout: Das Gelernte ist nicht mehr abrufbar.

„Ohne eine Gesprächstherapie schafft es kaum eine depressive Patientin, ihre individuellen Stressfallen zu erkennen und zu überwinden.“ Auch wenn in der Ostseeklinik Kühlungsborn nur erste Anstöße gegeben werden können, wissen die Patientinnen nach ihrem Aufenthalt aber zumeist, in welche Richtung sie zukünftig gehen müssen bzw. an welchen Problemen sie arbeiten müssen.

Geholfen hat Nadja Gläser auch der Austausch mit Gleichgesinnten, die sie täglich in ihrer Bezugsgruppe traf. „Wir setzen auf die Gruppendynamik in unseren Bezugsgruppen“, erläutert Ilona Zuzok. Von Anfang an werden die Patientinnen in eine Gruppe aufgenommen, die einen Bezugstherapeuten als festen Ansprechpartner hat und in der neben den psychotherapeutischen Gruppensitzungen auch die Ergo- und Sporttherapien, die Sozialberatungen und das Gesundheitstraining stattfinden. Der Austausch untereinander hilft den Patientinnen bei der Krankheitsbewältigung. „Außerdem erlauben uns die täglichen Treffen eine besonders intensive Betreuung des Einzelnen.“ Und die ist gerade bei depressiven Patientinnen besonders wichtig, denn nur wenn sie ihre Lebensgewohnheiten umstellen, können sie auch gesund werden und bleiben.

Sein Leben ordnen

„Viele Krankheiten und auch psychovegetative Erschöpfung werden durch ‚Unordnung‘ im eigenen Leben gefördert“, sagt die Psychiaterin. Das kann eine zu hohe berufliche oder private psychische Belastung sein, aber auch ungesunde Gewohnheiten wie ungünstige Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsarmut sowie der Konsum von Tabak und Alkohol. Einfache Verbote wie „Weniger essen“ oder „Stress vermeiden“ helfen in solchen Situationen kaum weiter und zeigen in der Regel keinen langfristigen Therapieerfolg. Doch die Lebensführung oder „Lebensordnung“ spielt eine entscheidende Rolle. „Unser interdisziplinäres Therapiekonzept soll die Patientinnen befähigen und motivieren, krankheitsverursachende Lebensgewohnheiten dauerhaft um- zustellen, die Selbstheilungskräfte zu fördern und selbstständig Einfluss auf Gesundheit und Krankheit zu nehmen“, erläutert Ilona Zuzok. „Daher ist es auch wichtig, dass die Kinder mit in die Rehabilitation mit einbezogen werden.“

Die Angebote der Klinik wie beispielsweise die morgendliche Strandgymnastik, Yoga und Entspannungstechniken helfen den Rehabilitantdinnen, Strategien zu entwickeln, um mit den Anforderungen im Alltag besser fertig zu werden. Darüber hinaus werden Seminare zu den Themen Stressmanagement, Zeitplanung, Lebenswünsche, Schlafhygiene, Nein-Sagen/ Abgrenzung, Kommunikationstraining und Körperwahrnehmung angeboten sowie Vorträge über die biologischen Mechanismen bei Stress.

Grau ist alle Theorie

So wichtig das theoretische Wissen auch für den Einzelnen sein mag in der Ostseeklinik Kühlungsborn setzt man auf die Praxis. Denn nur wer Eigeninitiative zeigt und Verantwortung für sich und seine Gesundheit übernimmt, kann auch zu Hause im Alltag das Gelernte umsetzen. Eigeninitiative will auch Nadja Gläser nach ihrer stationären Rehabilitation wieder zeigen. Sie weiß, dass sie erst am Anfang ihrer Gesundung steht.

 

 

 

 

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