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Ein Gastartikel von Sabine

Ich weiß schon vorher, was kommt, wenn ich mit meinen drei Töchtern im Schlepptau irgendwo auftauche. Seit zehn Jahren mache ich nun schon diese Erfahrung und ich könnte schon mitsprechen.

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„Drei Mädchen?! Wow, na, da ist ja was los bei euch! Der arme Papa hat bestimmt nichts zu melden, bei dem Weiberhaushalt! Da muss noch ein Junge her“ Die Augen der Kassiererin leuchteten, als sie freudig auf meine Antwort wartete……

„Wissen sie, ich bin total happy mit den Mädels“, antworte ich ehrlich, während ich mir innerlich auf die Zunge biss, in der Hoffnung, dass sie meinen weniger freundlichen Gesichtsausdruck bemerkt und das Gespräch beendet. Sie schien es leider nicht zu bemerken.

“ Wirklich?! Na, da warten sie mal auf die Pubertät“, lachte sie. „Der arme Papa!“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, schnappte ich mir meine Quittung und schob die Mädels zum Ausgang.

“ Mami?“ Warum sagen die Leute immer „Armer Papa“ und fragen, ob du noch ein Baby bekommst? Sind Mädchen denn nicht so gut wie Jungs? Ist Papa traurig, dass keine von uns ein Junge geworden ist?“, fragte meine 7-Jährige mich als wir draußen auf dem Parkplatz standen.

Ich wurde wütend. Ihre Schwester stellte mir vor etwa einem Jahr die gleiche Frage. Ich fragte mich kurz, wie lange es dauern wird, bis auch die Jüngste auf dieselbe Idee kommt. Ich klebte mir ein Lächeln auf das Gesicht.

„Quatsch, Papa liebt unseren Mädchen-Stall. Ich finde es toll, dass ihr Mädchen seid! Mach dir keinen Kopf, Süße!“

„Aber Mama, viele Menschen finden das anscheinend nicht so toll wie ihr“, setzt sie nach und legt ihre kleine Stirn in Falten. Innerhalb einer Woche war das die dritte Begegnung dieser Art, ich konnte verstehen, warum sie nachdachte und zweifelte.

Und genau darin liegt der Ursprung des „Problems“. Egal wo wir auftauchen, immer müssen die Menschen irgendetwas kommentieren. Über die Jahre sind hunderte von Kommentaren abgelassen worden und ich kann an einer Hand abzählen, wann mal ein Kommentar dabei war, der ohne den Zusatz, dass da ja unbedingt noch ein Junge fehlt, ausgekommen ist.

Lustigerweise hat meine Schwester Anja hat drei Jungs zu Hause. Sie sagt: „Wir hören auch ständig das Gleiche. Wir hören immer wieder Witze, Sarkasmus und natürlich kommt immer die Frage, wann denn das Mädchen kommt. Die Sache ist die: Ich hätte wirklich gerne ein Mädchen gehabt. Ob ich traurig bin, dass ich nie eins haben werde? Ja, schon. ABER ich fühle mich auch total gesegnet mit drei gesunden Jungs und ich würde sie für nichts in der Welt eintauschen wollen!“

Ich glaube, dass die Leute nicht bewusst unhöflich oder verletzend sein wollen. In den meisten Fällen wollen die Menschen einfach nur einen netten Small-Talk beginnen. Aber Worte hatten schon immer Gewicht. Für ein kleines Kind, das sorgfältig Gesichter beobachtet, die mit Sympathie und Spott gefüllt sind, kann das Gewicht dieser Worte ziemlich erdrückend sein. Besonders dann, wenn auch noch eine Partie Mitleid mit gesendet wird.

Meine Freundin Anna hat zwei Söhne.“Wir haben uns beide ein Mädchen gewünscht, wenn ich ehrlich bin. Unsere Familienplanung ist allerdings aus gesundheitlichen Gründen meinerseits abgeschlossen. Ich versuche immer noch, mich mit der Tatsache abzufinden, dass ich nie Mutter einer Tochter sein werde. Wenn dann fremde Menschen mich fragen, wann denn das Mädchen kommt, dann kommt der Schmerz immer wieder hoch und das nervt.“

Bevor ich Kinder hatte, dachte ich immer, dass es bestimmte Dinge gibt, die man nur mit Mädchen machen kann und das gewisse Dinge besser mit Jungs zu unternehmen sind. Deshalb wünschte ich mir auch zumindest ein Pärchen, einfach, damit ich alles einmal erleben kann. Ich weiß, dass mein Mann insgeheim die gleichen Erwartungen hatte. Er glaubte, dass er seinem Sohn beibringen könnte, wie man einer Dame eine Tür öffnet oder wie man sich rasiert. Aber: Er liebt die Mädels total!

Je älter wir wurden, umso sicherer wurden wir uns, dass unsere Familienplanung offiziell abgeschlossen ist. Wenn alle drei Kinder das gleiche Geschlecht haben, dann schließt man automatisch auch das Kapitel „Jetzt noch einen Sohn!“ für sich. Ich gebe zu, dass diese Tatsache auch ein wenig schmerzhaft war. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich nicht dankbar für jedes meiner Kinder bin. Im Gegenteil. Jedes Mädchen war willkommen. Jede der drei Schwangerschaften war schön. Aber es dauerte insgesamt doch ein bis zwei Tage, bis ich mich mit der Tatsache abfinden konnte, dass ich nie einen kleinen Kerl großziehen werde.

Das Wichtigste ist, dass wir unsere Kinder lieben und das Geschlecht ist dabei sowas von egal. Ich glaube allerdings, dass die meisten Familien mit Kindern des gleichen Geschlechts mir direkt zustimmen würden, dass sie ohne den ständigen Kommentar von Fremden viel glücklicher wären. Denn das, was fremde Menschen da zum Teil loslassen, tut der kleinen Kinderseele unter Umständen sehr weh.

Ich weiß, dass unser Anblick zeitweise einer rosa Explosion gleicht und ich gebe zu, dass dies durchaus amüsant sein kann. Die geballte Ladung Mädels-Power. Aber solange du, lieber Fremder uns nicht erzählst, wie toll so eine Mädchencrew ist, solange kannst du dir deine doofen Kommentare bitte sparen. Danke.

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