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Ein Gastbeitrag von Svenja aus Gronau.

Als Beweis dafür, dass mein Kind von Beginn an nicht „einfach“ war, nenne ich hier die Tatsache, dass sich er mit Saltos aus meiner Gebärmutter befreien wollte.

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Er war mein viertes Kind, also war ich mir ziemlich sicher, dass ich wusste, was mich erwartete. Ich hatte bei der Geburt schon gut mitgearbeitet und darauf gewartet, dass der Engel der Barmherzigkeit – ich meine, der Anästhesist – mir meine Epiduralanästhesie verabreichen würde, als die Dinge bei einer routinemäßigen Kontrolle eine unvorhergesehene Wendung nahmen. Mitten in einer Wehe sah die Hebamme plötzlich besorgt aus.

„Ich fühle ein Knötchen“, sagte sie.

“ Ein Knötchen?“ fragte ich, die Angst steckte mir in den Hals. „Wie…. eine Beule? Wo…. auf seinem Kopf?“

„Lasst uns bitte nochmal einen Ultraschall machen“, sagte sie als Antwort, ihre Stimme ruhig, aber deutlich besorgt.

Wie sich herausstellte, war diese “ Knötchen “ eigentlich eine Ferse, und mein Sohn präsentierte sich plötzlich als Beckenendlage -das heißt, er hatte sich umgedreht und versuchte, mit den Füßen zuerst auf die Welt zu kommen. Der Arzt wurde aus seiner Mittagspause gerufen, um einen Not Kaiserschnitt durchzuführen. Als er ins Krankenhaus zurückkam, ging es zügig voran – „HEY LEUTE, DA HÄNGT GLEICH EIN FUSS AUS MEINER VAGINA!“

Alle haben sich desinfiziert von Kopf bis Fuß, etwas, was ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte. Mein Mann beobachtete, wie unser Sohn durch einen tiefen Schnitt aus meinem Körper herausgeschnitten wurde. „Sie haben dir die Eingeweide auf die Brust gelegt!“ würde er mir später mit gleichzeitiger Faszination und Ekel berichten.

Danach hatte ich zumindest eine schnellere Genesung erwartet – ich meine, es kann nichts Schlimmeres geben als eine zusammengenähte Vagina, oder? DOCH. Ich fühlte mich, als wäre ich von einem Zauberer in zwei Hälften gesägt worden, nur war es nicht wirklich eine Illusion. Sicher, meine Intimzone war noch soweit intakt, aber ich konnte diese Tatsache wegen der brennenden Schmerzen in meinem Bauch nicht würdigen, denn immer wenn ich lachte, hustete, nieste oder mich bewegte, dachte ich, es zerreißt mich. Während sich meine zerfetzte Vagina schon kurz nach meinen ersten drei Geburten wieder einigermaßen normal anfühlte, blieb mein Kaiserschnitt wochenlang unangenehm.

Wieso sollte es denn auch anders sein? Schließlich ist ein Kaiserschnitt kein Waxing, sondern eine große Operation. „Fünf Gewebeschichten werden durchtrennt, und die Bauchmuskulatur wird auseinandergezogen wie ein geschmolzener Käse“, sagt Catherine Brooks, eine medizinische Fachkraft und Kaiserschnittmutter, deren eigene Erfahrung sie dazu veranlasste, die K-Unterhose zu erfinden – ein besonderer Schlüpfer, der die Kaiserschnittnarbe sanft kühlt. Der Erholungsprozess kann anstrengend sein, auch wenn es während des Eingriffs keine Komplikationen gibt. Es hilft auch nicht, dass frischgebackene Mütter oft nicht die Ruhe bekommen, die dieser chirurgische Eingriff wirklich erfordert. „Wenn Sie eine Knieoperation hatten, schließt sich die Haut in 7-10 Tagen, aber Sie würden nicht sofort wieder zur Normalität zurückkehren – Sie würden eine Zeitlang mit einer Krücke herumhumpeln“, sagt sie. „Aber die operierten Frauen sind jetzt Mütter, die sich auf das Baby konzentrieren, nicht auf die Operation.“

Daran habe ich nicht gedacht, bevor ich unerwartet in den Kaiserschnittclub aufgenommen wurde, insofern habe ich zusätzlich auch eine neue Perspektive gewonnen: Kaiserschnitte sind genauso schmerzhaft und schwierig wie vaginale Geburten, und ich kann das getrost als jemand sagen, die beides erlebt hat.

Wer dann noch rumdiskutieren will, hat wahrscheinlich noch nie einen Kaiserschnitt gehabt, und kann also getröst die Schna*** halten.

Lasst uns einen Schritt weiter gehen und einfach wirklich mal unserer Klappen halten, wenn es um die Geburtsentscheidungen anderer Frauen geht, OKAY? Lasst uns die Fre*** halten und uns locker machen und welche anderen Akronyme auch immer beschreiben, dass es uns scheißegal sein kann, wie das Baby von jemand anderem geboren wird.

Wenn ein Baby, das eine Frau seit Monaten in ihrer Gebärmutter herumschleppt, aus der Gebärmutter geholt wird, ist das eine echte Geburt – egal wie es letztlich passiert. Ich habe es so satt, dass Frauen versuchen, sich gegenseitig zu übertreffen, indem sie die Geburtserfahrung eines anderen herabwürdigen, als wäre eine Mutter irgendwie weniger eine knallharte Superheldin, wenn sie nicht in der Wildnis, nur mit einem Schuss Mondschein und einem schmutzigen Lappen zum Reinbeißen, hockt, um ihr Kind zu gebären.

Die Geburt ist ein roher, mutiger, echter, körperlich anstrengender Prozess, unabhängig davon, aus welcher Art von Öffnung das Baby den Körper verlässt. Eine Mutter, die eine Geburtseinleitung, eine Epiduralanästhesie oder einen Kaiserschnitt wählt, ist nicht weniger Wert als eine andere Frau. Wie bei allen anderen Aspekten unseres Lebens sind unsere Bedürfnisse und Vorlieben sehr unterschiedlich, so dass es völlig absurd ist, zu sagen, dass die Geburtsentscheidungen eines jeden Menschen „schlechter “ oder „leichter “ sind als andere. Es ist, als würde man sagen: „Hey! Du muss mal Hamburg besuchen, aber du musst dorthin fahren. Wenn du fliegst, mit dem Zug fährst oder reitest, bist du nicht wirklich in Hamburg.“

Ich fing an darüber nachzudenken, was eine“ echte“ Geburtserfahrung ist? Ich fragte mich, ob es „echter“ gewesen wäre, wenn ich beispielsweise die gesamte Schwangerschaft auf Ultraschalltermine verzichtet hätte.

Nicht alle von uns haben genau die gleichen Vorraussetzungen, die von der Natur beabsichtigt sind. Deshalb gibt es pränatale Betreuung, wir werden im Krankenhaus überwacht und wir werden auf Notfälle vorbereitet. Wenn wir Komplikationen vermeiden und eine bessere und sicherere Erfahrung machen können, indem wir die uns zur Verfügung stehende Technologie – einschließlich der Kaiserschnitte – nutzen, warum sollten wir das nicht tun?

Außerdem, egal wie unsere Babys letztlich in unseren Armen landen, ziemlich bald sind wir alle den gleichen Arbeiten unterworfen: Wir werden alle angepinkelt und vollgespuckt und erstarren nahezu, während wir versuchen, herauszufinden, wie zum Teufel wir das alles aufwischen sollen. Und das, meine Freunde, ist so „echt“, wie es nur geht.

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