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Ein Gastartikel von Jana aus Potsdam

Ich wollte schon immer mehrere Kinder haben. Als ich im Jahr 2001 meinen Mann kennenlernte, war ich meinem Ziel schon sehr viel näher, denn auch er wünschte sich mindestens drei Kinder. Zunächst arbeiteten wir an unserer Karriere und lebten uns aus. Weggehen, feiern einfach die Zeit zu Zweit genießen…..Wir heirateten im Jahr 2005 und ich richtete mich innerlich darauf ein, bestimmt bald Mama zu werden. Das Leben kommt einem ja manchmal leicht und einfach vor. Was sollte auch passieren? Ich würde schwanger werden und meinem Traum von drei Kindern nach und nach nachkommen.

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Es hat tatsächlich noch fünf Jahre gedauert bis ich wirklich schwanger wurde. Die Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen. Irgendwann sah ich meine Füße nicht mehr, spürte meinen Sohn regelmässig in meinem Bauch tanzen und alles war gut. Das Thema Geburt war bis dato etwas, was ich auf mich zukommen lassen wollte. Wir buchten natürlich den obligatorischen Geburtsvorbereitungskurs aber im Prinzip waren wir uns einig, dass wir dieses Kind im Krankenhaus bekommen möchten und das wir alles auf uns zu kommen lassen würden. Was soll auch schon passieren? Ich war knapp 30 Jahre alt, gesund und von Hause aus auch relativ entspannt. Die Erzählungen meiner Freundinnen ließ ich so gut es ging an mir abprallen. „Schmerzen bis zum Erbrechen!“ „Das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe!“ waren nur zwei von gefühlten 100 schrecklichen Sätzen. Mir passiert das nicht, dachte ich.

Im November 2010 bekam ich Wehen. Endlich werde ich Mama, dachte ich noch. Wir fuhren ins Krankenhaus unserer Wahl und waren, wie es sich für Erstgebärende gehört, viel zu früh da. Sprich, mein Muttermund war noch verschlossen, die Wehen kamen alle sechs Minuten und so bezog ich ein Wehenzimmer und stieg die nächsten zwei Stunden Treppen. Alles wie im Bilderbuch. Das es meinem Sohn in diesem Moment schon wirklich schlecht ging, wussten weder ich noch mein Mann. Leider auch keine der anwesenden Hebammen. Wie es letztlich dazu kam, dass niemand mich Ernst nahm, kann ich im Nachhinein nicht sagen. Ich spürte nämlich schon relativ schnell, dass irgendetwas nicht stimmte. Fakt war, dass mein Sohn eine extrem kurze Nabelschnur hatte, die er auch leider noch einmal straff um den Hals gewickelt hatte. Die Geburt dauerte ewig. Nach über 20 Stunden gab ich entkräftet auf. Meine rosa rote Brille fiel mir von der Nase und die Realität holte mich ein. Ich hatte eine PDA, sämtliche Geburtsstellungen führten ins Nichts und auch die Wanne brachte nichts. Ich weiß natürlich JETZT, dass mein Sohn gar nicht anders konnte als quasi in mir stecken zu bleiben, das Problem war eine Verkettung von Dingen, die so nicht hätten laufen MÜSSEN aber dennoch war es so. Bevor der leitende Oberarzt erkannte, dass da etwas nicht stimmte, schnitt man mich noch bis zum Oberschenkel auf, um dem Kind das Eintreten in die Welt zu ermöglichen. Dann kam ein Notkaiserschnitt, Vollnarkose. Mein Kind atmete nicht und wurde ins künstliche Koma gelegt. Ich trug erhebliche Geburtsverletzungen davon und entkam auch nur knapp mit dem Leben. Henry lebte, das war das Wichtigste. Nach drei Wochen konnte mein Sohn die Intensivstation verlassen. Henry ist mittlerweile acht Jahre alt und kerngesund. Ich hingegen bin seitdem nicht mehr dieselbe.

Ich habe ein Kind. Ein zweites Kind existiert schon lange in meinen Gedanken. Von einem dritten habe ich mich wegen meines Alters bereits verabschiedet. Das zweite Kind existiert in meinen Träumen. Ich bin so traumatisiert von der Geburt unseres Sohnes, dass ich schlichtweg eine zu große Angst habe, nochmal gebären zu müssen. Ich habe so viel ausprobiert: Akupunktur, Hypnose, Therapie……Nichts half. Wenn du jemals Angst um dein Leben und gleichzeitig Angst um das Leben deines Kindes haben musstest, dann verstehst du vielleicht, dass diese Angst sich in deine Zellen einbrennt. Und auch, wenn ich weiß, dass die nächste Geburt vielleicht wirklich ein Spaziergang wird: Ich schaffe es nicht. Mein Mann konnte das Trauma durch Gespräche mit anderen lockern. Er versucht, mir einzureden, dass wir das erneut packen werden aber ich kann nicht. Nun ist der Wunsch nach einem Kind aber so groß, dass ich mich ernsthaft fragen muss, ob ich diesen Traum aufgeben muss. Einfach, damit wir zur Ruhe kommen. Ich kann auch das nicht. Es zerreißt mich. Ich habe Hochachtung vor den Frauen, die sich erneut ins Abenteuer Kind gestürzt haben. Warum kann ich das nicht? Bin ich so ein Weichei? Wenn ich doch bloß das „fertige Kind“ in Empfang nehmen könnte, anstatt nochmal durch eine Geburt gehen zu müssen. Über Adoption haben wir ich nachgedacht, es aber ebenfalls wieder verworfen, weil wir uns schon eigene Kinder wünschen. Es ist verhext.

Ich habe mir jetzt ein Ultimatum gesetzt: Ich mache mir Gedanken, was ich will. So richtig. Bis März 2020 habe ich mir Zeit gegeben. Wenn ich mutig genug bin, dann arbeiten wir tatsächlich auf ein zweites Kind hin. Wenn ich es nicht schaffe, dann finde ich mich damit ab, mich von meinem großen Traum verabschieden zu müssen.

Das Leben ist manchmal nicht fair, wirklich……

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1 Kommentar

  1. Dein Artikel berührt mich sehr. Meine Geburt war zwar weniger dramatisch als deine, aber dennoch so schlimm dass ein Trauma darauf resultierte… Wir wollten immer 3 Kinder. Aber jetzt überlege ich, ob nicht ein Kind doch reicht. Jedes Mal wenn ich eine Schwangere sehe, denke ich: die Arme! Nichts ist mehr romantisch oder schön an dem Gedanken schwanger zu sein. Doof nur, dass mein Mann ein Familientier ist und sich ein zweites Kind sehr wünscht. Und eigentlich will ich ein Geschwisterchen für meine Tochter. Aber mir wird jetzt schon schlecht an den Gedanken einer zweiten Schwangerschaft. Eine Adoption könnte ich mir vorstellen, mein Mann möchte aber so gerne noch ein eigenes

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