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Von Svea aus Berlin

Mutter zu sein hat mich „seltsam“ werden lassen.

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Bevor ich keine Kinder hatte war ich noch normal“. Ich habe mir keine Sorgen um das Leben gemacht, und ich vertraute darauf, dass alles schon irgendwie klappt. Meine größte Sorge war, wie ich meine Mittwochabende füllen könnte, wenn die finale Staffel Desperate Housewives über den Fernseher flimmerte. Mein Mann und ich taten, was wir wollten, wann wir wollten, und abgesehen von den gelegentlichen finanziellen Mini-Krisen oder einem gigantischen Kater an einem Sonntagmorgen, war das Leben verdammt gut.

Und dann bekam ich Kinder und wurde ziemlich schnell verrückt.

Genauer gesagt, wurde ich nahezu „seltsam“ und das wegen der merkwürdigsten Dinge. Nach der Geburt meines Sohnes lief z.B mal eine Law & Order Folge: Die SVU-Episode über ein totes Kind brachte mich dazu, stundenlang heulen zu müssen. Ich machte mir auch gerne mal Sorgen darüber, ob meine Türen nachts auch ja verschlossen sind oder über Keime auf Einkaufswagen. Wenn ein Fremder meinen kleinen Sohn im Lebensmittelladen anlächelte, hatte ich stets die Angst im Nacken, dass er oder sie ihn direkt vor meiner Nase entführen wollte. Erdnussbutter wurde zum Feind (Allergien!), und wenn ich von einem entführten Kind in den Nachrichten hörte, musste ich mich davon abhalten, den Suchtrupp anführen zu wollen.

Wie ich schon sagte, das Mamasein machte mich seltsam. Und ich weiß, dass ich nicht allein damit bin, denn als ich das Thema mit meinen Freunden besprach, haben alle sofort mit Dingen oder Orten angefangen, die sie seitdem sie Kinder haben, nicht mehr ertragen können. Eine Freundin erzählte mir sogar, dass sie in Zoos aggressiv wird, weil sie nicht damit umgehen kann, dass Mamas von ihren Nachkommen getrennt werden. Das ist eine ziemlich extreme Reaktion, das gebe ich zu.

Ich habe eine Liste von Dingen, mit denen ich seit der Geburt meiner Kindern nicht mehr umgehen kann, und ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein unbestreitbarer Beweis dafür ist, dass das Muttersein Frauen wirklich verrückt macht.

1. Backwaren

Bevor ich Kinder hatte, gab es keine Backwaren, die ich nicht probiert hätte. Ich war ein großer Unterstützer und Fan von Kuchenverkäufen und unterstützte oft den Kirchenverkauf am Sonntag. Und dann hatte ich Kinder und sah, wie sie in der Küche „helfen“: Keimfinger, die im Kuchenteig stochern, rotzige Nasen, die neben dem ausgerollten Teig niesen, kleine Zungen, die Löffel lecken und dann die Zutaten umrühren. Ich kann dir nicht sagen, wie viele Kekse meine Kinder in meiner Küche ruiniert haben, und du lügst, wenn du sagst, dass deine Kinder nicht auch mal ekelhaft unhygienisch sind. Also, es tut mir leid, liebe Grundschule beim Kuchenverkauf: Ich leiste gerne eine Spende, aber ESSEN werde ich euren Kuchen nicht. Nein.

 

2. Nachts allein zu Hause sein

Mein Mann ist gelegentlich geschäftlich unterwegs, und wenn er weg ist, bekomme ich weniger Schlaf als damals, als meine Kinder noch Neugeborene waren. Jedes Knarren, jeder Laut und jedes Geräusch lässt mich im Bett verharren, und meine Kampf- oder Fluchtreaktion ist im Schnelldurchlauf. Ich möchte gar nicht an den Abend denken, als ich von der Arbeit nach Hause kam, um meine Haustür weit geöffnet vor zu finden, während mein Mann auf einer Geschäftsreise war. Ich ließ die Polizei antanzen, um sicherzustellen, dass alles unter Kontrolle war, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie alle dachten, dass ich komplett verrückt bin – was ich wahrscheinlich auch ernsthaft bin, denn die Mutterrolle hat mir das angetan.

3. Fliegen

Ich habe es geliebt, in den Urlaub zu fliegen. Ein Cocktail, ein Bordfilm, ein langes Nickerchen? Ja, bitte! Wenn ich mittlerweile mit meinen Kindern reise, sehen 10 Kilometer wie ein sehr langer Weg nach unten aus, und ich schwitze bei jeder kleinen Turbulenz. Ich springe jedes Mal aus meiner Haut, wenn die Stimme des Piloten aus dem Lautsprecher kommt, um uns ein Update zu geben, weil ich überzeugt bin, dass er uns sagen wird, dass wir unsere Schwimmwesten anziehen sollen. Während meine Kinder glücklich einen Film auf dem iPad genießen, zähle ich die Reihen bis zu den Notausgängen und überwache alles und jeden, um verdächtiges Verhalten zu erkennen. Ich küsse praktisch den Boden, wenn wir es in einem Stück zu unserem Urlaubsziel geschafft haben, und ich vermisse Cocktails an Bord.

4. Banken

Als mein Sohn klein war, ging ich zu unserer Bank, um eine Einzahlung zu machen. Als ich dort stand, fragte ich mich, was ich wohl tun würde, wenn nun ein bewaffneter Räuber in die Bank käme. Wie soll ich meinen Sohn dann beruhigen? Und dann wurde mir plötzlich klar, dass ich sein Kuscheltier im Auto vergessen hatte und dachte: „Oh mein Gott, was, wenn er anfängt zu weinen und ich dann eine Waffe an meinem Kopf gehalten bekomme und ich ihn nicht trösten kann und er seine Mama verliert, weil der Räuber mich erschießt, weil ich eine Mutter bin, die das Kuscheltier vergisst? Weil ich mein Kind nicht beruhigen kann?“ Ich beschloss an diesem Tag also, dass ich meine Kinder nie wieder in eine Bank mitnehmen würde.

 

 

5. Wasserski und Kontaktsportarten

Mein Mann und ich waren mal im Urlaub und hatten die Gelegenheit, Wasserski zu lernen. So sehr ich auch versuchte, es zu lernen und auf die Anweisungen zu achten, so sehr musste ich immerzu daran denken, was wohl passiert, wenn ich eine traumatische Hirnverletzung durch einen Sturz erleiden würde und meine Kinder ihre Mutter verlieren würden und der Wäschestapel somit niemals schrumpfen würde. Seitdem ich Kinder habe, meide ich Sportarten, bei denen ich schwere Verletzungen erleiden könnte.

6. An Silvester in der Stadt unterwegs sein

Seitdem ich Kinder habe, hat das Ausgehen in der Stadt an Silvester seinen Glanz verloren. Ich mag es noch nicht einmal, mit unseren Kindern die kurze Strecke zu der Party zu fahren, zu der wir jedes Jahr eingeladen werden. Ich habe Visionen davon, dass unsere ganze Familie von einem Betrunkenen ausgelöscht wird. Früher bin ich immer zum Brandenburgertor gefahren. Heute ziehe ich es vor, das Feuerwerk in Sicherheit von meiner Couch aus zu beobachten, während meine Engel sicher in ihren Betten liegen.

7. U-Bahnen und Aufzüge

Jedes Mal, wenn ich mit meinen Kindern in der Nähe einer U-Bahn oder eines Aufzugs bin, habe ich Schmerzen in der Brust. Ich bin überzeugt davon, dass eines meiner Kinder vor mir einsteigen wird, die Türen sich schließen und mein Kind für immer verschwindet. Ich habe auch Angst, dass sie meine Hand nicht fest genug halten und die Türen sich schließen, und sie mich mit riesigen, verängstigten Augen ansehen, wenn die Bahn losfährt. Ich schwöre, meine Kinder werden 35 Jahre alt sein und ich werde ihnen immer noch die Hände halten und schreien: „Bleib bei Mami“, während wir in Berlin in die U-Bahn springen.

Da habt ihr es also, einen Blick in meine völlig neurotischen Gedanken. Und ich weiß, dass ich nicht damit allein bin, also versuche nicht einmal vorzugeben, dass du nicht EINMAL mit dem Kopf genickt hast, als du meine Liste der Verrücktheiten gelesen hast. Ob du nun bei den Gedanken an die Zootiere genickt hast oder ob du dir auch Sorgen machst, dass du dein Kind im Jack Bauer-Stil vor der U-Bahn retten musst: Ich denke, wir alle können ruhig zugeben, dass unsere Kinder uns offiziell zu verrückten Weicheiern gemacht haben.

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