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Ein Gastartikel von Enna aus Bern

Das junge Paar, das letztes Jahr in deine Straße gezogen ist, hat vor kurzem das erste Baby bekommen. Nun möchtest du dich hilfsbereit zeigen und du erwägst, mit einem Korb voller Muffins und einem ultra süßen Strampelanzug zu ihnen zu gehen, um ihr kleines Bündel Willkommen zu heißen. Außerdem ist es schon eine Weile her, dass du diesen köstlichen Neugeborenengeruch einatmen konntest und es juckt dir in den Fingern, endlich mal wieder ein Baby im Arm halten zu können.

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Du gehörst allerdings, und Gott sei Dank, schon zu den erfahrenen Profi-Müttern, so dass du genau weißt, dass das, was diese frischgebackene Mutter wirklich braucht, definitiv kein Korb voller Muffins ist. Du weißt, dass es definitiv die bessere Lösung ist, zu ihr zu gehen und sie von Herzen zu umarmen und ihr dann zu sagen, sie solle sich hinlegen und du übernimmst das Ruder für eine Stunde. Das wird wahrscheinlich mit Abstand der beste Besuch, den sie je gehabt haben wird.

Beachte dazu noch folgendes…

1. Lebensmittel
Ja, bring ihr ruhig etwas zu essen mit, aber lass die 14 * 9 cm große Familien-Lasagne Zuhause. Diese Speise wird gemächlich in ihrem Kühlschrank vergammeln, weil keiner es schafft, in Ruhe davon zu essen. Außerdem wirst du deine Auflaufform zwei Jahre lang nicht mehr zurück bekommen. Glaub mir, sie wird nach neun Monaten gesundem, ausgewogenen Essen wirklich bereit sein, mal wieder etwas „Normales“ zu verschlingen. Sie ist bereit für einen großen Erdbeershake und eine große Tüte Erdnuss-M&Ms. Dazu ein richtiges Bier! (Wenn sie NICHT stillt natürlich, bring ihr sonst ein alkoholfreies Bier mit) Wenn sie DANN die Tür öffnet und all diese geilen Sachen in deinen Händen entdeckt, stell dich auf spontanes Weinen ein.

2. Keine Geburtsberichte oder Small Talk

Inzwischen hat sie ihre Geburtsgeschichte bis zum Erbrechen erzählt, sowohl sich selbst in Gedanken, als auch allen Freunden und Verwandten, die sie bis jetzt besucht haben. Und sie hat bereits unzählige langwierige Small Talks mit wohlmeinenden Nachbarn und ihrer Schwiegermutter führen müssen, während sie sich eigentlich nur gewünscht hätte, alle würden einfach mal die Klappe halten und sie in Ruhe duschen lassen. Also, nach einem kurzen „Hallo“, nimm ihr das Baby ab, bring sie zur Badewanne und sag ihr, sie soll sich die Zeit nehmen, die sie braucht; Du wirst da sein, wenn sie fertig ist. Dann staubsaugst du ne Runde, wischt den Tisch ab und deckst den Tisch. Verabredet euch zum Quatschen über die schmerzhafte Geburt erst in sechs Monaten wieder. Dann kann sie sich nämlich nicht mehr ganz so genau an die Schmerzen erinnern. Tadaaa!

3. Alles im Haus ausleeren und auffüllen

Während sie ihre Brüste oder die Flasche leert, machst du dich auf den Weg durchs Haus und leerst alles andere: Den Küchenabfall, die Spülmaschine, die Waschmaschine und den Trockner. Du leerst den stinkende Windeleimer, die winzigen Badezimmermülleimer voller weiblicher „Schutzverpackungen“ und die Flasche Pinot, die jemand letzte Woche mitgebracht hat. Fülle dann den Windelstapel wieder auf, mach die Geschirrspülmaschine und die Waschmaschine wieder an. Fülle ihr Getränk wieder auf, sortiere die Wickeltasche neu und fülle die Obstschale auf dem Küchentisch wieder auf. Biete ihr an, ihr Auto mit Benzin zu füllen. Sie wird zwar: „Nein, das ist schon OK so“ sagen, ABER du wirst es trotzdem tun, denn wer will schon mit einem schreienden Neugeborenen in einer zum explodieren drohende Windel auf dem Rücksitz mit dem Auto stehen bleiben? Sie weiß nur noch nicht, dass dieser Tag auch mal für sie kommen wird.

4. Lackiere ihre Zehennägel und föhne ihr die Haare
Achtung, hier gibt’s BONUS Punkte! Beide dieser verwöhnenden Luxus-Behandlungen kann man ihr verabreichen, während sie das Baby füttert, oder wenn beide vor sich hin schlummern, es braucht nämlich für beides keinerlei Konversation. Hinzu kommt, dass sie ihre letzte Pediküre in der 36.ten Schwangerschaftswoche hatte und die kläglichen Reste davon nicht mehr schön aussehen. Außerdem: Keine zehn Pferde kriegen eine Mutter im Wochenbett freiwillig dazu, eine umständliche Reise in ein Nagelstudio zu machen, wo alles nach Aceton und Chemikalien riecht. Nachdem sie also die vorher erwähnte Dusche genossen hat, lege sie in einen bequemen Liegestuhl, schnapp dir eine Rundbürste, föhne ihr die Haare und lackiere ihr die Nägel in einem leuchtenden Rot. Das ist besser als jedes andere Geburtsgeschenk auf dem Planeten. Auch hier kann es zu spontanen Heulattacken kommen.

5. Hilf ihr dabei, Veränderungen vorzunehmen
Wie oben bereits erwähnt, wenn dir etwas auffällt, dann verändere es: Zieh neue Bettwäsche auf, wechsle das Kinderbettlaken, blätter das Kalenderblatt um, denn wahrscheinlich wird noch immer der letzte Monat angezeigt, schalte zur Not den TV-Kanal um. (Wahrscheinlich ist sie stundenlang in einer Stillposition steckengeblieben und sie guckt seit einer Woche „die schönsten Bahnstrecken Europas“) Am Wichtigsten jedoch ist (ganz besonders dann, wenn du merkst, dass sie den Baby-Blues hat), dass du ihr dabei hilfst, ihre Attitüde zu ändern. Beschönige die Dinge nicht, sie fühlt nun mal so, wie sie fühlt, ABER du kannst ihr in einer netten Art und Weise erzählen, wie du es gemacht hast, weil du in der gleichen Position warst.

Sage ihr, dass es keine Schande ist, sich in den ersten Wochen nach der Geburt so niedergeschlagen zu fühlen und dass es nicht schlimm ist, mal nicht man selbst zu sein. Sag ihr, dass sie dich jederzeit anrufen kann, Tag und Nacht, auch, wenn sie nur ein paar Minuten Hilfe braucht, mal allein sein muss oder sich nach jemandem sehnt, mit dem sie einfach nur SEIN kann. Sag ihr, dass die Veränderungen, die mit ihrem Körper und ihrer Ehe passieren und tatsächlich ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen, ALLE wieder gut werden (Auch, wenn du weißt, dass es leider nicht ganz so einfach werden wird) Sag ihr, dass das Baby irgendwann durchschlafen wird und dass sie auch wieder guten Sex haben wird und sag ihr, dass sie irgendwann wieder an Gewicht verlieren wird und das es okay ist, Fehler zu machen. Sag ihr aber auch, dass die Dinge mit denen sie kämpft, nicht im Ansatz so wichtig sind, wie die Dinge, die sie instinktiv richtig machen wird. Sag ihr, dass sie eine großartige Mama ist. Selbst wenn sie das mit allem was ihr zur Verfügung steht, bezweifelt, sag ihr, dass sie bereits JETZT schon eine tolle Mutter ist.

Dann gehst du wieder nach Hause und freust dich darüber, dass du die ganze Nacht schlafen kannst, dass du eine neue Freundin dazu gewonnen hast und dass du an einem Babykopf schnuppern konntest.

Und dann? Tja dann backst du doch die Muffins und kaufst den Strampler und denkst daran, sie nächste Woche damit zu überraschen.

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