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Ein Gastbeitrag von Lene aus Koblenz

Bevor ich mein erstes Kind bekam, hatte ich keine Ahnung, was mich da wohl erwartet. Ich erhoffte mir lediglich eine möglichst komplikationslose Geburt im Krankenhaus. Ich hatte keinen festen Plan für die Geburt meines Kindes AUßER, dass ich definitiv alle möglichen Schmerzmittel und Drogen dieser Welt nehmen werden würde. Ich wusste vorher schon, dass ich nicht zu den Frauen gehören werde, die auf schmerzlindernde Dinge verzichten wollen. Am liebsten hätte ich mir das vorher schon auf die Stirn tätowiert: ICH MÖCHTE BITTE SÄMTLICHE SCHMERZMITTEL DIESER WELT ERHALTEN. DANKE!

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Ich wünschte mir eine PDA und möglichst auch alles weitere, was der Arzt für vernünftig hielt, wenn es um Schmerzen geht. Ich habe mich im Gegensatz zu vielen anderen Frauen auch NICHT dafür geschämt. Ganz im Gegenteil.

Heutzutage scheint es eine Schande zu sein, zuzugeben, dass man nicht auf Medikamente verzichten konnte. Es ist verpönt und unnatürlich, nach einer PDA zu verlangen. Andere schwangere Frauen in meiner Umgebung sprachen von Wassergeburten und sie redeten von nichts anderem als BLOß nicht in den Geburtsprozess einzugreifen. Medikamente zur Schmerzlinderung? ICH BITTE DICH, natürlich NICHT! Viele von ihnen brachten dieses Vorhaben zwar sachlich aber mit einem Hauch von Überlegenheit rüber, es kam mir dann immer so vor, als ob die Geburt eines Babys ohne Medikamente eine Art Ehrenabzeichen verdient hätte. Es kam mir immer so vor, als ob eine Geburt ohne medizinische Eingriffe die jeweilige Frau zu einer Art Super-Göttin machte und ihre Geburt demnach legitimer und besonderer machte, als die einer anderen Frau.

Ich bin da mal ganz deutlich und sage es gerade raus: Es ist schnurzpiepegal, wie eine Frau ihr Kind entbindet: Alle Frauen sind verdammte Göttinnen!

Du wünschst dir eine ganz natürliche Geburt? Großartig. Wenn du dir eine Wassergeburt wünschst: Fan-freaking-tastisch! Wenn dir eine Hausgeburt die nötige Sicherheit verleiht: Go for it! Du möchtest mitten in einem Feld von Wildblumen gebären und dabei mit Salbei und Lavendel beworfen werden, während die Waldtiere zuschauen? Alles klar, Schwester!

Und wenn du dir eine PDA wünschst, dann ist das ebenfalls total ok!

Hört zu, Mädels, das ist hier kein Wettbewerb. Überhaupt kein Wettbewerb. Ein Kind auf diese Welt zu bringen ist harte Arbeit, und jede Frau darf für sich entscheiden, wie sie das Ganze angehen möchte. Du gewinnst keinen Preis, nur weil du auf Medikamente verzichtest hast. ICH z.B. wollte so schnell wie möglich eine PDA.

Ich hatte von Anfang an nicht das Bedürfnis beweisen zu wollen, wozu mein Körper „fähig“ sei, indem ich nun die Zähne zusammen biss und so tat, als halte ich die Schmerzen ganz easy peasy aus. Ich kannte mein Schmerzempfinden und ich wollte nicht den Helden spielen, der ich definitiv nicht war. Nein, danke. Ich weiß, wozu mein Körper in der Lage ist und wozu eben nicht.

Einige Frauen sind in der Lage, sich dem Schmerz hinzugeben und durch den Schmerz zu atmen. Sie lassen sich vom Partner sogar den Rücken massieren unter der Geburt. Ich hingegen wollte nichts mit meinem Mann zu tun haben, wenn ich eine Wehe hatte. Er durfte mich nicht anfassen, geschweige denn mit mir sprechen. Ich wollte seine Stimme nicht hören. Ich wollte nicht, dass er mir das Steißbein reibt. Ich wollte nicht einmal, dass er mich fragte, was ich brauche. Ich wollte, dass er sich einen Kaffee holt und mich in Ruhe lässt.

Vor der PDA war ich also eine total wütende Frau, die lediglich in Ruhe gelassen werden wollte. Nachdem ich die Epiduralanästhesie bekommen hatte, war ich eine freudig strahlende Frau, die ihren Mann plötzlich wieder wahrnehmen und ertragen konnte.

In den Wehenpausen scherzten wir sogar miteinander. Als die Geburt dann irgendwann zum Stillstand kam und es nicht weiter ging und ich eine wichtige Entscheidung treffen musste, so konnte ich das dank PDA auch mit einigermaßen klarem Kopf tun. Ich bezweifle, dass ich diese Entscheidung auch mit derartig heftigen Schmerzen hätte treffen können. Diese wunderbare, herrliche Nadel in meinem Rücken ermöglichte es meinem Mann und mir, die Geburt unserer Tochter als Team zu erleben.

Für mich (und für etwa 60% aller gebärenden Frauen) sind PDAs verdammt fantastisch und es ist an der Zeit, dass wir aufhören, so zu tun, als ob die Geburt ohne PDA besser oder gar mutiger wäre, wenn auf eine solche Linderung verzichtet werden würde.

Die Risiken und Nebenwirkungen einer PDA sind übrigens ziemlich gering. Es besteht eine kleine Chance, dass dein Blutdruck nach unten sackt und einige Frauen (weniger als 1%!) klagen über starke Kopfschmerzen. Andere mögliche Nebenwirkungen sind: Zittern, ein Piepen in den Ohren, Rückenschmerzen, Schmerzen an der Einstichstelle, Übelkeit oder erschwertes Wasserlassen. Alles relativ harmlose Dinge, vor allem, wenn man bedenkt, dass viele Frauen unter der Geburt MORDEN wollen, wenn der arme Mann auch nur atmet.

Fazit: Eine Geburt ist kein Spaziergang und alle Mütter sind wahre Heldinnen. PUNKT. Wir sind Göttinnen, weil wir unsere Kinder ein Leben lang bedingungslos lieben. Wir unterscheiden uns nicht durch die Wahl der Geburt.

Niemand wird deinem Kind ansehen, wie es auf die Welt gekommen ist.

„Ach guck an, der Leon da drüben, definitiv ein Kaiserschnitt-Kind. Und die kleine Paula, guck, ihre Mutter hatte sicher eine PDA!“

Wisst ihr, eigentlich kommt der wahre Mut und die wahre Kraft einer Mutter erst nach der Geburt zum Tragen. Macht euch frei und steht zu euren Wünschen.

 

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