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Ein wunderschöner Gastartikel von Sarah aus München

Mein Kind, heute schreibe ich dir diesen Brief…..

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Vielleicht wirst du ihn eines Tages lesen. Vielleicht liest du ihn auch online – oder vielleicht gebe ich dir diesen Brief auch erst, wenn du eigene Kinder hast. Vielleicht findest du diesen Brief nächste Woche auch, er liegt nämlich auf dem Küchentisch und vielleicht malst gedankenverloren einen Fliegenpilz darauf (du malst gerade super gerne Pilze in allen Variationen) und bittest mich, ihn dir vorzulesen.

Mami ist heute nämlich total müde. Du bist in der Schule, und ich vermisse dich schrecklich. Ich frage mich, ob du mich wohl auch vermisst.
Ich frage mich gerade, ob du dich später wohl an diesen heutigen Tag erinnern wirst. Ich frage mich, ob du dich daran erinnern wirst, was du heute alles so erlebt hast. Hast du vielleicht neue Freundschaften geschlossen? Hast du gelacht? Wirst du dich an das Bild erinnern, das du heute morgen noch gemalt hast? Ich werde es definitiv tun, ich bewahre deine Bilder nämlich auf. Ich rette sie alle vor dem Zettelchaos in diesem Haus.

Ich frage mich, ob du dich daran erinnern wirst, dass deine Mama müde war. Oder daran, dass ich heute Morgen echt schlecht gelaunt war oder daran, dass ich heute laut wurde, weil du deine Schuhe nicht anziehen wolltest, obwohl ich dich mindestens 43 Mal nett darum gebeten habe. Ich werde mich an heute Morgen erinnern, denn ich ärgere mich über mich selber und wünschte, ich wäre geduldiger mit dir gewesen.

Ich frage mich, ob du dich an das Hello Kitty Pflaster vom letzten Wochenende erinnern wirst. Ich frage mich, ob du dich daran erinnern wirst, wie viel Spaß wir gemeinsam im Trampolin Park  hatten. Ich frage mich, ob du dich generell daran erinnern wirst, wie viel Spaß wir eigentlich generell hier zusammen haben, denn ich versuche, so viele Erinnerungen wie nur möglich zu schaffen. Gemeinsame Erinnerungen. Ich verspreche dir, dass ich mich später an all diese schönen Stunden erinnern werde.

Ich frage mich allerdings auch, ob du dich daran erinnern wirst, dass deine Mama immer viel gearbeitet hat. Ich frage mich, ob du dich daran erinnern wirst, dass ich immer wieder mal ans Telefon gegangen bin und immer mal wieder eine Email beantworten musste. Ich möchte dir ein gutes Leben bieten und darum ist mir der Job so wichtig. Ich werde mich daran erinnern, denn zwischen diesen ganzen E-Mails und Telefonaten hoffe ich immer, dass ich nicht zuviel von dir verpasse.

Ich frage mich auch, ob du dich später noch daran erinnern wirst, wie es war, als deine Mami und dein Papa noch zusammen waren. Ich frage mich, ob du dich daran erinnern wirst, wie wir beide aus unserem gemeinsamen Haus ausgezogen sind. Ich frage mich, ob du dich später daran erinnern wirst, dass ich danach sehr viel glücklicher war. Ich kann dir definitiv verraten, dass ich super oft an diese schwierige Zeit denke und ich frage mich heute noch, ob du mir später verzeihst oder ob du mir Vorwürfe daraus machst, dass wir es als deine Eltern nicht gepackt haben mit der Ehe. Ich hoffe so sehr, dass du, wenn du erwachsen bist, verstehen wirst, dass es das Beste für uns alle war.

Ich frage mich, ob du dich an die Zeiten erinnern wirst, als du krank warst, und ich die ganze Nacht wach blieb und Angst um dich hatte. Weißt du noch? Ich kann Fieber messen, ohne dich zu wecken. Ich schlief neben dir, aus Angst es könnte etwas passieren. Ich werde mich daran erinnern, denn die Sorgen einer Mutter verblassen nie. Die sind abgespeichert.

Ich frage mich, ob du dich später daran erinnern wirst, wie sehr ich dich liebe und immer geliebt habe. Ich frage mich, ob du dich daran erinnern wirst, wie sich das für dich angefühlt hat. Ich werde mich immer daran erinnern, so lange ich lebe. Diese Liebe ist so intensiv und unvergesslich und vor allem bedingungslos, die kann man nicht vergessen.

Ich frage mich diese Dinge, weil ich mich selbst gar nicht mehr so gut daran erinnere, wie es war, so klein wie du zu sein. Ich erinnere mich nämlich leider nicht mehr so an meine Mutter, deine Oma, die als alleinerziehende Mutter darum kämpfen musste, über die Runden zu kommen. Ich erinnere mich nicht mehr daran, dass sie streng, aufbrausend oder müde war. Ich erinnere mich auch nicht mehr daran, dass sie so viel gearbeitet hat, um für uns beide sorgen zu können. Ich weiß das alles nur noch, weil deine Oma mir erzählt hat, wie das damals war. Genauso, wie ich es dir heute erzähle.

Wenn du dich also jemals fragst, wie das damals war, als du noch klein warst, so hoffe ich, dass du dich zumindest daran erinnern wirst, wie sehr du geliebt wurdest. Und wenn du das gerade liest und es bereits 2051 ist – und du vielleicht eigene Kinder hast – so komm mich einfach besuchen, mein Schatz. Komm mich besuchen und lass uns eine Zeitreise machen. Eine Reise zu der Zeit, als du sechs Jahre alt warst. Lass uns in gemeinsamen Erinnerungen schwelgen und vielleicht tust du mir einen Gefallen, wenn du dann zu Besuch bist: Sag mir, dass du dich durch die Erzählungen an die Liebe erinnern kannst, die ich in meinem Herzen trage. Damals, heute und für immer.

Ich liebe dich.

Deine Mami

 

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