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Ein wunderbarer Gastbeitrag von Susanne aus Köln

Hallo, ich bin Susanne und ich bin lesbisch. Ich lebe in einer Partnerschaft mit einer Frau. Ich engagiere mich in einem Verein in Köln gegen Homophobie. Gleichzeitig setze ich mich dafür ein, dass Vorurteile gegenüber sog. Regenbogen Familien abgebaut werden. Letzte Woche hörte ich einen schwulen Vater sagen, dass seine Kinder nicht wissen, dass er schwul ist. Als homosexuelle Frau erregte das natürlich meine Aufmerksamkeit. In meiner Vereinstätigkeit gebe ich spezielle Kurse an Schulen, die sich vorrangig damit beschäftigen, wie man Homophobie und Mobbing verhindern kann, wenn man offen und ehrlich mit Kindern umgeht. Von klein auf an, versteht sich. Ich war neugierig, warum seine Kinder es nicht wussten.

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Zunächst sei gesagt, dass es grundsätzlich eine unglaubliche Verantwortung ist, Kinder groß zu ziehen. Wenn man dann noch alleinerziehend ist, dann stelle ich mir das noch viel anstrengender vor. Respekt an all die alleinerziehenden Mamas und Papas da draußen!

Ich lauschte also dem schwulen Papa und bekam mit, dass er alleinerziehend ist und dass sein fast fünfjähriger Sohn unlängst mit ihm darüber gesprochen hat, dass er in Zukunft Kinder haben und heiraten will. Sein Sohn fragte ihn: „Warum hast du nicht geheiratet, Papa?“ Er antwortete: „Nun, bis jetzt kam es nicht dazu, aber wer weiß, was in der Zukunft noch alles passiert.“ Er sagte, er habe dann schnell das Thema gewechselt. Er erklärte, dass er nicht das Bedürfnis verspürte, seinen Sohn in seine Sexualität einweihen zu müssen, solange dieser nicht aktiv danach fragt.

Auch wenn ich die Entscheidung von Eltern, wie sie ihr Kind erziehen wollen, völlig respektiere, ist es dennoch wichtig für mich, das Bewusstsein dafür zu wecken, was Eltern, Erzieher und Betreuer manchmal übersehen können.

Was steckt hinter seiner Entscheidung, schnell das Thema wechseln zu wollen?

Neulich war ich mit meinen vier Nichten und Neffen im Alter von 5-11 Jahren in einem Restaurant und sie bemerkten einen Transgender hinter der Kasse. Mein Neffe Paul, 7 Jahre alt, beschäftige das Thema sehr und er fragte mich beim essen plötzlich: „Susi, die Kassiererin ist eigentlich mal ein Mann gewesen oder? Wie heißt das schwierige Wort nochmal?“

„Transgender, Paul!“

Sofort waren die anderen Kinderohren auf mich gerichtet und ich erklärte ihnen, was es bedeutet, im falschen Körper geboren zu sein. Ich erklärte ihnen, was für einen Weg diese Menschen auf sich nehmen, um endlich glücklich sein zu können.

Es kam, wie aus der Pistole geschossen: „Ah, okay, cool.“

Mich hat ihre Reaktion nicht erstaunt. Kinder sind offen. Sie wollen eine Erklärung haben und sie verstehen sie. Ganz natürlich und einfach. That´s it.

Im Jahr 2014 gab es eine Studie eines berühmten Gehirnforschers, der herausfinden wollte, warum Kinder irgendwann aufhören, an den Weihnachtsmann zu glauben. Der sich entwickelnde Intellekt des Kinder sorgt dafür, dass sie irgendwann aufhören, an Märchen zu glauben. Auch, wenn man als Eltern diesen Mythos aufrecht erhält: Es klappt nicht.

Was will ich damit sagen?

Wenn wir unseren Kindern die Welt nicht so erklären, wie sie ist, dann kann es zu verinnerlichter Homophobie kommen. Kinder sollten von früh auf an lernen, dass es völlig normal ist, wenn die Prinzessin die Prinzessin heiratet. Leider gibt es diesbezüglich immer noch viel zu wenig Kinderbücher.

Es gibt auch leider keine Kinderserien, in denen ein Papa einen anderen Papa küsst. Diese stereotypen Vorbilder setzen unbewusst falsche Rollenbilder in die kindlichen Köpfe. Das Unterbewusstsein wird auf Mann und Frau trainiert. Daran müssen wir dringend arbeiten.

Homophobie ist so vielschichtig und vor allem auch ultra tief verankert. Mein 10-jähriger Neffe fragte mich neulich, warum ich denn keinen festen Freund habe. Jeder in der Familie kennt meine Frau. Da kann man mal sehen, wie sehr diese Rollenbilder vorherrschen.

Ich kann euch leider nicht sagen, was hinter der Entscheidung des schwulen Vaters stand, das Thema auf die Frage seines Sohnes hin so schnell wechseln zu müssen ABER eins ist mir klar: Auch ein NICHT kommunizieren ist immer noch kommunizieren. Kinder lernen all das, was wir ihnen beibringen, sie lernen aber auch das, was wir nicht ihnen nicht beibringen.

Wenn ein Kind alt genug ist, um über das Heiraten und die Geburt von Kindern zu sprechen, dann kann es sich sicher vorstellen, was es bedeutet, schwul zu sein. Die Liebe zwischen zwei Männern oder zwei Frauen ist genauso normal wie das, was sie bereits im Fernsehen und in Cartoons gesehen haben. Wir leben in einer heteronormativen Welt und unter dieser Heteronormativität liegt die Homophobie begraben. Indem wir unseren Kindern bereits in frühster Kindheit beibringen, das es NORMAL ist, wenn Männer Männer und Frauen eben Frauen lieben, dann setzen wir uns als Eltern bereits aktiv dafür ein, Mobbing zu verhindern und Homophobie zu vermeiden.

Liebe Eltern, ich bitte euch von Herzen, nicht das Thema zu wechseln, wenn es um etwas geht, was außerhalb der gültigen Maßstäbe liegt. Ich kann euch nur sagen, dass Kinder viel einfühlsamer sind, als wir denken.

Die Zeiten haben sich geändert. Je offener und ehrlicher wir uns unseren Kindern gegenüber sind, desto mehr sorgen wir für eine Welt ohne Vorurteile.

Alles Liebe,

Susanne

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1 Kommentar

  1. Echt toll geschrieben. Ich selbst bin nicht homosexuell, habe aber in meinem Freundeskreis Männer und Frauen die es sind. Für meine Kinder, die dann auch Mal dabei sind, ist es zum Glück ganz normal, das Männer auch Männer lieben und Frauen auch Frauen. Ich musste zwar ab einem gewissen Alter das erstmal erklären, aber nun ist es für meine Kinder selbstverständlich.
    Mein großer verteidigt das auch, wenn wir Mal unterwegs sind und dann blöde Kommentare kommen.

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