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Ein sehr berührender Gastbeitrag von Anne

Es gibt unzählige Situationen, in denen mir immer wieder dieselbe Frage gestellt wird. Im Kindergarten, bei Verabredungen, bei Schulfesten, bei Elternabenden……Immer wieder…..

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„Und Anne, wie viele Kinder hast du?“

Und ich antworte darauf immer: „Drei.“ Meistens fangen sie dann an zu rechnen. Die fragende Person zählt nach und merkt dass meine Antwort mehr als zwei Kinder beinhaltet,  ein Kind mehr, als die, die um mich herum wuseln. Der Preis, den ich dafür zahle, dass ich sie dazu zwinge, nachdenken zu müssen, bringt nur noch mehr Fragen ans Tageslicht.

„Ahhh, ist einer mit den Großeltern unterwegs?“ Diese Frage wird meistens von lächelnden älteren Herrschaften gefragt, die am liebsten eine „Ja, wir sind auch stolze Großeltern“-Flagge hissen würden.

„Passt der Papa heute auf das andere Kind auf?“ Diese Frage wird normalerweise von neugierigen Frauen mittleren Alters gefragt, in der Hoffnung, dass sie so herausfinden können, ob es nun wirklich einen Papa zu den Kindern gibt, damit sie das dann später mit ihren Freundinnen auseinander nehmen können.

Tja und dann gibt es noch die, die sich für unfassbar witzig halten: „Na, und wo ist der Rest der Fußballmannschaft?“ Darauf reagiere ich meist gar nicht, weil mir das zu doof ist. Erstens sind drei Kinder keine Fußballmannschaft und zweitens ach, das ist mir echt zu blöd.

Ihre Fragen und das Gespräch enden meist spätestens dann, wenn ich sie – (Wir sprechen hier von völlig Fremden in der Öffentlichkeit) – in die traurige Wahrheit einweihe.

„Mein ältester Sohn starb im Alter von vier Jahren.“

Der 2. September 2012 war der schlimmste Tag meines Lebens. Sechs Tage vor meinem 31 Geburtstag, erhielten wir die Diagnose Leukämie. Enno hatte Leukämie. Es wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, er bekam Chemotherapien, Bestrahlungen und wir warteten auf einen geeigneten Spender. Das alles kam so plötzlich und gewaltig über uns, das uns fast die Luft zum atmen fehlte. Enno hatte eine besonders aggressive und seltene Form der akuten Leukämie und er starb bereits sechs Wochen nach der Diagnose. Der Schmerz über diesen Verlust setzte sich wie eine dunkle Staubwolke auf unsere Familie. Wir waren nicht mehr die, die wir einst waren. Jeder von uns war nicht mehr das, was er mal war.

Und obwohl ich jetzt schon länger ohne ihn leben muss, so ist der Schmerz noch genauso laut wie damals. Er schreit. Besonders dann, wenn es um völlig Fremde geht, die kein wirkliches Interesse an mir oder meiner Familie haben. So viele Leute wollen nur Dinge über dich wissen, damit sie es in ihre eigene Klatsch und Tratsch-Schublade einlagern können. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass etwas so unglaublich Schreckliches auf ein ego-erhöhendes Geschwätz reduziert wird.

Mir fällt es immer noch schwer, richtig auf die Frage nach unserer Kinderanzahl zu antworten. Wenn ich ihnen sagen würde, dass ich zwei Kinder habe, wäre das eine Lüge. Das wäre die größte Lüge, die ich je erzählt habe. Denn obwohl Enno nicht mehr hier ist, so ist er doch immer noch ein Teil von mir. Er hat mich zur Mutter gemacht. Ob er nun hier ist oder nicht, er ist und bleibt mein Kind. Für immer.

Diese Lösung ist nicht einfach. Nicht jeder ist mit meiner Herangehensweise einverstanden. Nicht jeder versteht mich. Mein Vater verlor seinen einzigen Sohn, als ich selber noch ein Kind war. Jahre später, als ich älter war, bemerkte ich, dass er auf die Frage nach der Anzahl seiner Kinder, stets folgende Antwort gab: „Zwei. Beide wohnen noch bei uns“ Ich kann diese Art der Antwort durchaus verstehen. Das kann ich wirklich. Den größten Schmerz des Lebens preiszugeben und sich so offenbaren zu müssen kann nicht jeder. Es gibt Menschen, die das einfach nicht können. Und das ist in Ordnung so. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg. Jeder trauert anders. Es gibt keine festgesetzten Regeln, wie man ein sich als Elternteil von einem toten Kind verhalten soll. Mein Weg ist der einzige Weg, den ich gehen konnte.

Enno wird immer ein Teil unserer Familie sein. Es ist total egal, welche Absicht hinter der Frage steckt, ich werde ihn, solange ich lebe, immer in die Aufzählung meiner Kinder mit einbeziehen.

1…2…3

Ich habe drei wundervolle Kinder.

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