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Ein wunderschöner Gastartikel von Verena (Hebamme aus Leidenschaft). Verena ist bereits seit 1978 Geburtshelferin und wir freuen und sehr, dass sie folgenden Artikel beisteuert.

Zuerst möchte ich etwas klarstellen. Wie auch immer du dein Baby zur Welt bringst, du bist eine unglaubliche, starke und tolle Frau. Die Geburt des eigenen Kindes ist ein sehr wichtiges Ereignis im Leben einer Frau, und jede werdende Mutter sollte das Gefühl haben, dass sie im Kreißsaal respektiert, gehört und freundlich behandelt wird. Die Geburt des eigenen Kindes ist allerdings häufig auch unberechenbar, oft sehr chaotisch und sie verläuft leider nicht immer nach Plan.

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Also, wie auch immer es für dich und dein Baby gelaufen ist – einschließlich der Entscheidungen, die du getroffen hast-, das Wichtigste ist, dass es dir und deinem Baby gut geht und ihr beide gesund seid. Punkt. Ende der Geschichte.

Wenn deine letzte Geburt, aus welchen Gründen auch immer, in einem Kaiserschnitt endete, so kannst du deine nächste Geburt ruhig vaginal und spontan versuchen. Ich möchte dir heute sagen, warum das möglich ist (Ausnahme: Eine wichtige medizinische Indikation spricht für einen Kaiserschnitt). Wir Hebammen nennen das dann : Status nach Sectio, das klingt allerdings wirklich sehr medizinisch und deswegen verwende ich den Begriff heute nicht so oft.

Weißt du, es kann schwierig werden, ein Krankenhaus zu finden, welches dich bei deinem Bestreben nach einer vaginalen Geburt unterstützt, es gibt allerdings durchaus Gründe, warum du diese Möglichkeit in Betracht ziehen solltest. Die Entscheidung liegt letztlich bei dir und ein Geburtshaus kann dich z.B. gut beraten. Es gibt mittlerweile einige aussagekräftige Statistiken, die offensichtlich deutlich machen, dass eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt eben gar nicht so gefährlich ist, wie viele Frauen annehmen.

Du wünschst dir also eine vaginale Geburt? Dann kläre ich dich heute mal auf 🙂

1. Die Mehrheit der Frauen schaffen eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt problemlos.
Viele Mütter, die bei ihrem zweiten Kind eine vaginale Geburt in Betracht ziehen, sind besorgt, dass diese wieder in einem Kaiserschnitt endet. Es gibt eine gute Nachricht, ihr Lieben: Die überwältigende Mehrheit der Frauen, die eine vaginale Geburt versuchen, schaffen diese auch problemlos.

So hat die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) im Jahr 2016 eine Studie zu genau diesem Thema verfasst.

Zitat:

  1. Die Schwangere soll darüber aufgeklärt werden, dass die Erfolgsrate für eine vaginale Entbindung bei 60-85% liegt.
  2. Die Schwangere soll darüber aufgeklärt werden, dass eine erfolgreiche vaginale Entbindung die geringste Komplikationsrate mit sich bringt.

Die Studie könnt ihr hier nachlesen: Empfehlung Geburt nach vorausgegangenem Kaiserschnitt – OEGGG

Fantastisch, oder? Und genau aus diesem Grund empfehlen große Gesundheitsorganisationen gesunden Frauen auch, eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt anzustreben.

2. Das Risiko einer Gebärmutterruptur ist sehr gering.

Es ist völlig verständlich, dass du dir Sorgen machst, dass deine Gebärmutter unter einen spontanen, vaginalen Geburt reissen könnte. Du besitzt schließlich eine sichtbare Narbe, die dich immer daran erinnert, wo der Kaiserschnitt letztlich angesetzt wurde. Das tatsächliche Risiko einer Gebärmutterruptur ist jedoch sehr, sehr gering, besonders wenn du von erfahrenen Ärzten betreut wirst.

Eine Studie aus dem Jahr 2012 ergab zum Beispiel, dass eine Gebärmutterruptur ein äußerst seltenes Ereignis ist, das nur bei 0,2% der vaginalen Geburten auftritt.

3. Eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt birgt weniger Risiken. 

Du musst wissen, dass – vor allem wiederholte – Kaiserschnitte nicht ohne Risiko sind. Es gibt mittlerweile einige Studien, die belegen, dass mehrfache Kaiserschnitte das Risiko einer Gebärmutterruptur sogar signifikant erhöhen.

Frauenarzt Dr. Vicenzo Bluni hat das in einem Forum mal sehr gut erklärt.

Hier könnt ihr alles nachlesen: https://www.rund-ums-baby.de/schwangerschaftsberatung/gebaermutter-rupturrisiko-nach-kaiserschnitt.htm

4. Es könnte schwierig werden, eine geeignete Klinik für diese Art der Geburt zu finden. 
Nun, da du ja alle diese Statistiken auf deiner Seite hast, würde man denken, dass es einfach wäre, eine geeignete Klinik zu finden, die dich bei deinem Vorhaben unterstützt. Nun, hier wird es ein wenig knifflig. Es ist leider ganz oft so, dass es sich als durchaus kompliziert darstellen kann, einen Arzt oder eine Hebamme zu finden, die mit an Bord sind.

Warum ist das so? Nun, dafür gibt es zahlreiche Gründe. Zum einen ist ein Kaiserschnitt eine schnelle und vor allem auch finanziell lohnendere Angelegenheit für ein Krankenhaus als eine oft länger andauernde Spontangeburt. Ich kann es ihnen noch nicht mal verübeln, denn bei dem Personalmangel ist das häufig auch verständlich. Außerdem befürchten Krankenhäuser, dass es zu Rechtsstreitigkeiten kommen kann, wenn der seltene Fall eintritt, dass doch etwas unter der Geburt passiert, was so nicht geplant war.

Das bedeutet nicht, dass es keine Ärzte gibt, die dich bei deinem Vorhaben unterstützen, sondern nur, dass es etwas dauern kann, bis zu die geeigneten Personen gefunden hast. Es kann hilfreich sein, dir die sog. „Status nach Sectio“-Statistiken der verschiedene Krankenhäuser in deiner Nähe sagen zu lassen. Häufig hilft es auch, deine Hebamme danach zu fragen.

5. Du musst dich mit echten Fakten ausrüsten und dich für deine Bedürfnisse aktiv einsetzen.
Selbst wenn du ein geeignetes Krankenhaus gefunden hast, welches bereit ist, dich bei deiner vaginalen Geburt zu unterstützen, so kann es passieren, dass du auch dort verunsichert wirst, da immer noch zahlreiche Mythen über eine Sectio nach Status kursieren. Hol deinen Partner mit ins Boot und wenn du eine Beleghebamme (eine von der leider ganz wenigen) mit an deiner Seite hast, dann wird es leichter.

6. Du wirst dich nach einer spontanen Geburt sehr viel schneller erholen, als nach einem Kaiserschnitt. 
Neben all den großartigen Vorteilen der spontanen Geburt an sich, wird deine postpartale Genesung wahrscheinlich sehr viel schneller voran schreiten, als nach deinem Kaiserschnitt. Der Krankenhausaufenthalt wird kürzer sein, weil du dich nicht von einer großen Operation erholen musst. Natürlich sind vaginale Geburten auch nicht immer wie ein Spaziergang im Park, aber das eigenständige Aufstehen zum Pinkeln oder Duschen nach der Geburt ist ein großes Plus.

7. Egal was für eine Geburt es letztlich wird: Niemand darf dich deswegen verurteilen! 
Nicht allen Frauen ist es vergönnt, eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt zu erleben (es gibt definitiv medizinische Indikationen, die selbst den Versuch einer vaginalen Geburt nach Kaiserschnitt ausschließen, das wird dein Arzt dir aber sagen). Und natürlich gibt es auch Frauen – die, egal wie sehr sie es auch versuchen – am Ende keine erfolgreiche vaginale Geburt erleben können, weil ein erneuter Kaiserschnitt vorgenommen werden musste.

Das ist keine Schande. Es gibt einen sehr guten Grund für das Durchführen eines Kaiserschnitts: Er kann Leben retten! Vielleicht bist du enttäuscht und vielleicht fühlt es sich so an, als hättest du versagt aber ich sage dir: Du hast NICHT versagt. Ganz im Gegenteil: Du hast erneut die Qualen einer Operation über dich ergehen lassen, weil du dich bewusst FÜR das Leben deines Kindes eingesetzt hast. Und für den Erhalt deines Lebens. Und darauf kommt es doch letztlich an, oder?

Ich Druck dich,

Verena

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2 Kommentare

  1. Vergessen Sie dann aber bitte nicht die Frau darüber aufzuklären, dass bei bis zu 30% der Erst-vaginal-Gebärenden der Levatormuskel vorne am Schambein abreißt (irreperabel) und dass 75% der vaginal-gebärenden Frauen im Leben danach eine Organsenkung haben für die es selbst heute keine zufriedenstellende Operation gibt. Und sagen Sie ihnen, dass beides ihr Leben wie sie es kennen beenden würde, dass sie ihre Kinder evtl. nicht mehr heben können, nicht springen oder rennen können. Erzählen Sie den Frauen von Harn- und Stuhlinkontinenz nach Geburt, die lebenslang bestehen bleiben kann. Seien Sie endlich mal ehrlich zu den Frauen und zwar VOR der Geburt. Denn die Millionen betroffenen Frauen da draußen wussten es vorher nicht und schämen sich und erzählen es nicht und glauben sie wären Einzelfälle und leiden lebenslang.

  2. Ich finde die „Fakten“ des Artikels irreführend und falsch. Leider erfährt man überall nur die Risiken des Kaiserschnitts, nirgends die der vaginalen Geburt – in keinem Buch, keinem Vorbereitungskurs, bei keinem Arzt und keiner Hebamme.
    Ich habe zuerst ein Kind per Kaiserschnitt, danach 2 vaginal geboren. Meine Organsenkungen entstanden bei den vaginalen Geburten. Noch dazu muss man dann das Glück haben, einen Arzt zu finden, der so etwas korrekt diagnostizieren und behandeln kann. Von den enttäuschenden operativen Methoden ganz zu schweigen.
    Möchte man korrekt aufklären, muss man über ALLES aufklären!

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