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Ein Gastartikel von Steffi aus Erfurt

Letzte Woche waren meine Tochter Lumi und ich zum Geburtstag meiner besten Freundin Lilly eingeladen. Lumi ist jetzt genau 11 Monate alt. Es gab eine Erdbeertorte.

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Wir haben das alle wirklich nicht kommen sehen. Es geschah so schnell und es wurde in keiner Weise von uns gefördert. Lumi sah die Torte auf dem Tisch stehen und mit einem Ruck zog sie am Tischtuch, die Torte stand direkt vor ihr und eben so schnell versenkte mein Kind ihren kompletten Kopf in der Torte. Sie fing sofort an zu essen. Das Kind war unaufhaltsam.

Freunde, was da abgelaufen ist, das nenne ich mal einen echten MEILENSTEIN! Krabbeln? Laufen? Selber den Löffel halten? Pffffffffffffffffft. Wer braucht bitte den Mist? Meine Tochter konnte bereits einen Monat vor ihrem ersten Geburtstag eine echte Gesichtslandung in einer Torte vollziehen! Check! Das hab ich ihr übrigens nicht beigebracht, sie folgte einfach ihren Instinkten und damit hat sie mich verdammt glücklich gemacht! Ja, ich hatte Tränchen in den Augen.

Als Lumis Mama kann ich nur hoffen, dass sie diesen Elan ein Leben lang beibehält und keine Angst davor hat, auch mal eine Bauchlandung hinzulegen. Sich nicht darum zu kümmern, ob die Klamotten schmutzig werden, oder ob sie Kuchen in die Haare bekommt, sich im Regen verfängt oder ihre Schuhe ruiniert, DAS sind Meilensteine! Es ist meine Pflicht, diesen Teil ihrer Persönlichkeit zu schützen, dieser Teil, der sie dazu veranlasst, mit absoluter Zuversicht und Hingabe das zu tun, was sie will. Schaut euch dieses Mädchen an! Gib deiner Mama ruhig etwas von deinem Selbstvertrauen ab, Süße! Ich kann es gut gebrauchen!

Und demnach gebe ich heute und hiermit zu, was ich von den gängigen Meilensteine halte: NICHTS! ENDE.

Oh, genau diese ollen Meilensteine haben mich am Anfang fast verrückt gemacht. Alle Leute um mich herum erzählten mir, dass Babys sich zuerst vom Rücken auf den Bauch drehen können und erst DANACH vom Bauch auf den Rücken. Tja, Lumi dreht sich zuerst vom Bauch auf den Rücken. Soviel dazu.

Mein Kind schien eh alles anders zu machen, als alle anderen Babys in unserer Nähe. Das ist auch eigentlich total egal, aber so als frischgebackene Mama macht dich das verrückt- wenn du es denn zulässt.

Und dann sind da noch die Leute, die noch viel schlimmere Sachen sagen. Nein, nicht all das unschuldige Zeug, über das du dich mit deinen Freundinnen unterhälst, und auch nicht das lustige Zeug, das du mit deiner Familie teilst. Du weißt schon, was ich meine. Folgender Mist ist gemeint:

„Oh, mein Leon lief schon mit acht Monaten“

„Anna Lena zieht sich überall hoch, sie ist erst 4 Monate alt!“

„Jaja, die Leonie schläft schon durch, seitdem sie 2 Tage alt ist!“

Wohooooo, stolze Eltern. Ist klar. Meine Lumi wird das auch alles tun und zwar dann, wenn sie bereit dafür ist. Wir haben keine Eile. Das hier ist kein Rennen. Das ist nicht die Olympiade, Freunde.

Das online Nachschlagen von Entwicklungsmeilensteinen ist das Äquivalent zum selber Erteilen von Diagnosen, wenn man mal Kopfschmerzen hat und ich sage euch: Lasst das! Ist dein Kinderarzt mit den Ergebnissen der U-Untersuchungen zufrieden? Siehst du selber Fortschritte bei deinem Kind? Gut. Super. Ende. Hiermit darfst du alle eben genannte Kommentare  gekonnt ignorieren und erinnere dich bitte ab uns zu selber daran, das alles in Ordnung ist.

Ich sage euch mal was, all diese Meilensteine zählen später im Leben nicht mehr „Ja, Herr Müller, sie müssen ihre Sozialversicherungsnummer hier eintragen, das Geburtsdatum dort, und lassen sie uns mal sehen… oh ja, schauen sie hier, dort tragen sie bitte ein wann genau sie das Krabbeln begann haben und dort, ja genau, da können sie bitte eintragen, ob sie mit zwei Jahren auch trocken waren. Ach, sie konnten VOR dem ERSTEN GEBURTSTAG schon laufen? Ja, dann erübrigt sich das hier alles, sie sind eingestellt!“

Ich bin begeistert von allem, was ich Lumi noch beibringen möchte aber gleichzeitig bin ich so geflasht von dem, was sie mir beibringt. Sie brachte mir bei, dass es in Ordnung ist, wenn man machmal einfach impulsiv und leidenschaftlich reagiert. Ich zeige ihr, dass niemand sauer wird, wenn man mal mit dem Kopf ins Leben (Kuchen) taucht. Und das alles schaffen wir OHNE TRADITIONELLE MEILENSTEINE.

Ich finde, es sollte völlig neue Meilensteine geben.

Ein Meilenstein könnte das erste Vertrauen in seine Instinkten als Eltern sein. Oder das erste Mal, wo du erkennst, dass du die Ratschläge von anderen Menschen ablehnen kannst, weil dein Bauchgefühl viel wertvoller ist. Ein Meilenstein könnte das Vertrauen in dein Kind sein, wenn es eine eigene Entscheidung fernab von deiner Entscheidung trifft und du trotzdem stolz bist.

Ein Meilenstein ist, wenn dein Baby endlich einen dicken Trotzanfall im Supermarkt hat, weil du so gemein warst und nicht fünf Ü-Eier gekauft hast.

Ein Meilenstein ist auch, das erste Mal als Mutter auf die blöden Fragen, warum dein Kind denn Lumi heißt, nicht mehr mit einer Erklärung zu reagieren, SONDERN mit: „Weil sie so heißt!“ Für euch: Lumi heißt SCHNEE auf finnisch.

Ein Meilenstein ist das erste richtig laute Lachen. Die erste Umarmung, die vom Kind aus ausgeht. Oder: Das quietschende reine Glück beim Planschen in der Badewanne. Oder: Oma am Telefon erkennen und „Hallo“ sagen.

Mamas haben einen Meilenstein erreicht, wenn sie begriffen haben, dass sie sich vom Computer entfernen müssen,, bevor sie verrückt werden, weil sie zuviel googeln: Nach Ernährungsplänen, Schlafplänen und natürlich nach all den verrückten Meilensteinen.

Nein, Mädels, das sind nicht die Olympischen Spiele. Ich sage mal so: Wenn du dich selbst davon abhalten kannst nach diesen idiotischen Meilensteinen zu leben und stattdessen jeden einzelnen Moment genießen kannst: DU hast dir ne Medaille verdient, Schwester!

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